Eva Kocher, Inhaberin des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Europäisches und Deutsches Arbeitsrecht, Zivilverfahrensrecht an der Europa-Universität Frankfurt (Oder) erläuterte, dass die Normen des Europäischen Arbeitsrechts und die Leitsätze der Urteile der Europäischen Rechtsprechung eindeutig seien. Sie würden oft nicht genügend beachtet, obwohl auch in der Bundesrepublik schon verschiedene arbeitsrechtliche und beamtenrechtliche Tatbestände aufgrund dieser Rechtsprechung korrigiert worden sind. Die niedersächsische Statistik zeigt, dass es sich bei der Grundschularbeit um typische Frauenarbeit handelt, denn der Frauenanteil an Grundschulen ist mit 89% signifikant höher als der an Gymnasien (55 %). Daher hat Prof. Kocher geprüft, ob die unterschiedliche Bezahlung an beiden Schulformen als mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu werten ist.
Gleichwertige Arbeit
Die Arbeit an den unterschiedlichen Schulformen ist zwar nicht gleich, wohl aber gleichwertig. Das gilt für intellektuelle Anforderungen genauso wie für die psychischen und sozialen Beanspruchungen sowie für die Verantwortung, die die Lehrerinnen und Lehrer tragen. So lauten die Ergebnisse eines arbeitswissenschaftlichen Gutachtens, auf das sich Prof. Eva Kocher in ihrem Rechtsgutachten bezieht.
Eine Benachteiligung bei der Bezahlung könne auch nicht mit einem unterschiedlichen Studium gerechtfertigt werden, denn es käme auf die Gleichwertigkeit der Arbeit an. Auch Grundschullehrerinnen mit einem zwei Semester kürzeren Studium dürfen nicht diskriminiert werden – übrigens auch nicht bei der Altersversorgung, so Prof. Kocher. Die neuen Absolventinnen mit dem Grundschullehramt hätten in Niedersachsen sowieso ein Studium und Referendariat mit der gleichen Dauer wie die Lehrkräfte für das Lehramt an Gymnasien, Haupt- und Realschulen, Förderschulen und Berufsbildenden Schulen, erklärte Laura Pooth, stellvertretende Vorsitzende der GEW Niedersachsen. Pooth weiter: „Rechtsgutachten in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein kommen zu dem Ergebnis, dass eine unterschiedliche Bezahlung von Lehrkräften der verschiedenen Schulformen bei gleichwertiger und gleich langer Ausbildung rechtlich nicht zu begründen ist."
A 13 Z für alle Schulformen
Laura Pooth weist auf einen weiteren Aspekt hin: „Schon längst werden in Niedersachsen nicht mehr alle Gymnasiallehrkräfte so bezahlt wie an Gymnasien oder Gesamtschulen. Viele BewerberInnen nehmen Stellen an Grundschulen, Oberschulen und sogar an Förderschulen mit der niedrigeren Bezahlung nach A 12 an, weil es dort für die freien Stellen keine BewerberInnen mit dem Lehramt dieser Schulen mehr gibt. Auch für diese Gymnasiallehrkräfte ist die A 13 Z wichtig."
Die GEW gebe anlässlich des Internationalen Frauentags den Anstoß dafür, dass die Diskriminierung des „Frauenberufes Grundschullehrerin" beendet und durch gleiche Bezahlung für Geschlechtergerechtigkeit gesorgt wird. „Unser schöner und anspruchsvoller Beruf muss an allen Schulformen attraktiver werden. Dazu gehört die einheitliche Bezahlung nach A 13 Z. Die Landesregierung muss sich Gedanken machen, wie sie die rechtlichen Erfordernisse umsetzt. Die GEW ist gesprächsbereit", beschließt Laura Pooth die Pressekonferenz.
Anhang:
Der Jurist Prof. Ralf Brinktrine greift die unterschiedliche Besoldung trotz gleich langer Hochschulausbildung und gleich langem Vorbereitungsdienst in Nordrhein-Westfalen an. Der Kieler Rechtsanwalt Jörg Junge kommt für Schleswig-Holstein zum gleichen Ergebnis.
Rechtsbegriffe: Der Rechtsbegriff der „mittelbaren Diskriminierung" bezeichnet Regelungen, die zwar geschlechtsneutral formuliert oder begründet sind, sich aber überwiegend für ein Geschlecht nachteilig auswirken.
Alle Lehrkräfte gehören zu einer Laufbahn, die dem 2. Einstiegsamt der Laufbahngruppe 2 (in alter Terminologie: Einstiegsamt des höheren Dienstes) entspricht. Das Einstiegsamt der Besoldung der Lehrkräfte ist A 13 Z. Dem entspricht parallel die Eingruppierung der tarifbeschäftigten Lehrkräfte in die Gruppe E 13.