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Landesfachgruppe Pädagogische, Therapeutische und Technische Fachkräfte

Zwangsteilzeit an Förderschulen wird nur abgebaut – nicht komplett beendet

Im Mai wurde bekannt, dass es einen Nachtragshaushalt über ein Volumen von 100 Vollzeiteinheiten geben würde und diese Finanzmittel auch für den Bereich der Pädagogischen Fachkräfte und Therapeut*innen an Förderschulen vorgesehen seien.

Das ist aus Sicht der Förderschulen sehr zu begrüßen, denn neben dem Lehrkräftemangel wurden seit Jahren trotz steigender Schüler*innenzahlen so gut wie keine neuen Stellen für Pädagogische Fachkräfte (Erzieher*innen/Heilerziehungspfleger*innen) und/oder Therapeut*innen (Ergo-, Physiotherapeut*innen, Logopäd*innen) an den Förderschulen geschaffen.
Insbesondere sollten die Finanzmittel laut Kultusministerin Hamburg aber auch explizit zur Aufstockung der immer noch vorhandenen gedeckelten 80-Prozent-Stellen genutzt werden.
Denn trotz vollmundiger Versprechen der alten Regierung sind noch immer zahlreiche Kolleg*innen an Förderschulen in dieser Zwangsteilzeit mit allen unangenehmen Konsequenzen:
Kein auskömmliches Einkommen (dadurch häufig die Notwendigkeit von Zweitjobs) und die Gefahr der Altersarmut sowie ein ungenügendes Zeitbudget für die immer wichtiger
werdende mittelbare Arbeit im multiprofessionellen Team. Mit Schuljahresbeginn im August
kam nun endlich Bewegung in die konkrete Verteilung der Gelder des Nachtragshaushalts: Ein Teil des Finanzvolumens wird – Stand Ende August – tatsächlich für die Aufstockung von Zwangsteilzeitverträgen verwendet! Das war lange unklar, denn viele FöS-Schulleitungen hatten an die jeweiligen RLSB zurückgemeldet, kein Interesse an Vollzeit-Fachkräften und damit an einer vollständigen Beendigung der Zwangsteilzeit zu haben. In Zeiten schlechter Personalversorgung bräuchte es vor allem neue Stellenausschreibungen, auch als gedeckelte
80-Prozent-Stellen…Einigen FöS-Schulleitungen scheinen somit gute Arbeitsbedingungen und
soziale Sicherheit ihrer angestellten Fachkräfte nicht wichtig zu sein. Und besonders erschütternd: auch die Qualität der Arbeit Pädagogischer Fachkräfte und Therapeut*innen
scheint egal zu sein: Mehr Zeit für Teamarbeit, Elternarbeit, fachliche Vor- und Nachbereitung sowie andere Bereiche der mittelbaren Arbeit, die durch Vollzeitverträge gegeben wäre, wird offenbar nicht für notwendig erachtet. Was ist das für eine rückwärtsgewandte Einstellung
zu multiprofessioneller Teamarbeit und wo ist da die Wertschätzung der Kolleg*innen?
Hinzu kommt eine gefährliche kurzfristige Sichtweise auf die Problematik der Personalnot: ohne die endgültige Abschaffung gedeckelter Verträge wird auch weiterhin jede neuausgeschriebene Stelle immer nur eine 80-Prozent-Stelle sein. In Zeiten des Fachkräftemangels werden im Wettbewerb mit den Kommunen viele Stellen nicht besetzt werden können und werden zudem
die bestausgebildeten Fachkräfte, die häufig in Vollzeit arbeiten wollen, nicht gewonnen werden.
Es ist gut, dass die Finanzmittel des Nachtragshaushalts gegen den Widerstand einzelner Schulleitungen immerhin zum Teil für die Schaffung weiterer Vollzeitstellen genutzt werden. Wichtig ist aber eine komplette Beseitigung der gedeckelten Teilzeitstellen (spätestens mit dem Haushalt 2024!) und gleichzeitig eine deutliche Initiative für wesentlich mehr Personal im Bereich der Pädagogischen und Therapeutischen Fachkräfte. Zudem fehlt es nach wie vor an einer statistischen Erhebung, wie viele Stunden eigentlich für die pädagogisch-unterrichtsbegleitende Tätigkeit sowie ergänzend für die pädagogisch-therapeutische Arbeit durch die entsprechenden Fachkräfte pro Förderschule vorgesehen sind. Ein entsprechender Zuweisungserlass ist veraltet und muss an die neuen Bedingungen mit 100-Prozent-Verträgen angepasst werden. Entsprechend der Versorgung mit Lehrkräften bedarf es einer Erfassung und Kenntnis über den Soll- und Ist-Stand der Fachkräfte an den Förderschulen und es bedarf eines eigenen, ausreichenden Budgets im Haushalt. Zurzeit ist nur sicher: es gibt in diesem Bereich trotz steigender Schüler*innenzahlen viel zu wenig Personal, aber keine Schaffung neuer Stellen. Wann steuert hier die Politik endlich dagegen?

Björn Steinmeyer
für die Landesfachgruppe PTTF