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Versicherungsrechtliche Beurteilung von Lehrkräften und Dozent*innen

Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherungen (GKV-Spitzenverband, Deutsche Rentenversicherung Bund und Bundesagentur für Arbeit) vertreten in Anlehnung an ein Urteil des Bundessozialgerichts (Urt. v. 28.06.2022 – Aktenzeichen: B 12 R 3/20 R) die Auffassung, dass Lehrkräfte/Dozent*innen/Lehrbeauftragte, die an Universitäten, Hoch- und Fachhochschulen, Fachschulen, Volkshochschulen, Musikschulen sowie an sonstigen – auch privaten – Bildungseinrichtungen eingegliedert sind, in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu diesen Schulungseinrichtungen stehen, wenn die Arbeitsleistung insbesondere unter folgenden Umständen erbracht wird:

  • Pflicht zur persönlichen Arbeitsleistung
  • Festlegung bestimmter Unterrichtszeiten und Unterrichtsräume (einzelvertraglich oder durch Stundenpläne) durch die Schule/Bildungseinrichtung
  • kein Einfluss auf die zeitliche Gestaltung der Lehrtätigkeit
  • Meldepflicht für Unterrichtsausfall aufgrund eigener Erkrankung oder sonstiger   Verhinderung
  • Ausfallhonorar für unverschuldeten Unterrichtsausfall
  • Verpflichtung zur Vorbereitung und Durchführung gesonderter Schülerveranstaltungen
  • Verpflichtung zur Teilnahme an Lehrer- und Fachbereichskonferenzen oder ähnlichen Dienst- oder Fachveranstaltungen der Schuleinrichtung (dem steht eine hierfür vereinbarte gesonderte Vergütung als eine an der Arbeitszeit orientierte Vergütung nicht entgegen)
  • selbstgestalteter Unterricht auf der Grundlage von Lehrplänen als Rahmenvorgaben geht nicht mit typischen unternehmerischen Freiheiten einher. Die zwar insoweit bestehende inhaltliche Weisungsfreiheit kennzeichnet die Tätigkeit insgesamt nicht als eine in unternehmerischer Freiheit ausgeübte Tätigkeit, insbesondere wenn:
    • keine eigene betriebliche Organisation besteht und eingesetzt wird
    • kein Unternehmerrisiko besteht
    • keine unternehmerischen Chancen bestehen, weil zum Beispiel die gesamte Organisation des Schulbetriebs in den Händen der Schuleinrichtung liegt und keine eigenen Schüler akquiriert und auf eigene Rechnung unterrichtet werden
    • Lehrtätigkeit nicht durch Dritte erbracht werden kann.

Diese Beurteilungsmaßstäbe sollen nach dem Willen der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungen, auch in laufenden Bestandsfällen, spätestens für die Zeit ab 01.07.2023 Anwendung finden.

Quelle: Professor Dr. Oliver Ricken, Bielefeld, BeckRS Jahr 2022, 20672und BSG (Urt. v. 28.06.2022 – Aktenzeichen: B 12 R 3/20 R).

 

In einem anderen Verfahren hatten DaF-Lehrkräfte (Deutsch als Fremdsprache) bereits mehrere Anträge auf bezahlten Urlaub gestellt. Dieses Recht besteht für Freiberufler*innen dann, wenn sie als arbeitnehmerähnliche Personen tätig und demnach entsprechend schutzbedürftig sind. Die arbeitnehmerähnliche Eigenschaft kann dann bestätigt werden, wenn die*der Beschäftigte wirtschaftlich von dem Beschäftigungsverhältnis abhängig ist.

Wird in Anlehnung an die o.g. Kriterien eine arbeitnehmerähnliche Eigenschaft bejaht, haben die VHS-Dozent*innen einen Anspruch auf bezahlten Urlaub nach § 2 Abs. 2 BurlG (LAG Stuttgart, Urteil vom 16.03.2023, Aktenzeichen 17 Sa 84/21).

Betroffene Kolleg*innen können sich gerne an die GEW-Rechtsstelle wenden, um das weitere Verfahren zu besprechen.