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Schulsozialarbeit in Niedersachsen

Startklar für den Ausbau!

Die anwesenden Schulsozialarbeiter*innen in der GEW konnten es beim Treffen im Bezirk Hannover am 21. Juni 2023 nicht fassen! Ihre Kolleg*innen haben immer noch befristete Stellen im „Startklar-Programm“ und leben nach wie vor in Unsicherheit hinsichtlich ihrer beruflichen Zukunft. Zwischenzeitlich positionierte sich allerdings die Kultusministerin dahingehend, dass die „Startklar-Stellen“ entfristet werden. Für die betroffenen Kolleg*innen gibt es damit erst einmal ein wenig Sicherheit und die Schulen können ihre Schulsozialarbeit fortsetzen.

Die Kolleg*innen diskutierten, dass die „Startklar-Stellen“ nicht ausreichend vorhanden sind und dass es weiterhin Schulen ohne Schulsozialarbeit gibt. Davon arbeiten auch etliche ungewollt in Teilzeit. Der angestrebte Schlüssel von einer Schulsozialarbeiter*in zu 150 Schüler*innen und mindestens einer Stelle pro Schule bleibt in weiter Ferne. Die Kolleg*innen brauchen eine
Perspektive für ihre Lebensplanung und gute Arbeitsbedingungen, um entspannt und engagiert arbeiten zu können. Eine Kollegin formulierte es so: „Wir arbeiten im schönsten Arbeitsfeld, aber wir möchten davon gut leben und gesund alt werden können.“ Dazu gehören auch unbefristete
Vollzeitstellen.

Organisieren und aktiv werden

Meike Grams berichtete aus ihrer Arbeit im Schulhauptpersonalrat und von den Tätigkeiten der Schulbezirks- und Schulpersonalräte. Anlass ist die bevorstehende Personalratswahl im Februar 2024. Schulsozialarbeiter*innen müssen sich selbst für bessere Arbeitsbedingungen und für die Weiterentwicklung der Schulsozialarbeit einsetzen. Mit der GEW an ihrer Seite können sie für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen, das Arbeitsfeld gestalten und solidarisch mit allen Kolleg*innen im Bildungsbereich sein.


Bessere Bezahlung
Die Kolleg*innen in der Runde berichteten von ihrer sozialarbeiterischen Funktion als Anlaufstelle an den Schulen in Fällen von Kindeswohlgefährdung, bei Krisen, zum Thema Schulverweigerung, in der konzeptionellen Arbeit und vieles mehr. Diese Aufgaben werden von Schulsozialarbeiter*innen bewältigt, da sie zunehmend öfter auftreten und häufig niemand sonst an den Schulen diese Arbeit qualitativ hochwertig ausführen kann. Viele Kolleg*innen bilden sich dementsprechend fort und bringen Zusatzqualifikationen mit. Wenn diese Fachkräfte mit ihren Erfahrungen und Qualifikationen in den Schulen gehalten werden sollen, bedarf es einer deutlich höheren Wertschätzung als bisher. Die Themen Kindeswohl, Fluchterfahrungen der Kinder, Inklusion, Prävention, Schulverweigerung und Krisen sind eine Aufgabe für alle an der Schule Tätigen. Schulsozialarbeit hat hier oftmals eine Schlüsselfunktion.
Kinder müssen in Schule ein Recht auf Schulsozialarbeit haben. Deshalb
bedarf es für dieses Arbeitsfeld einer gesetzlichen Verankerung auf Landes und kommunaler Ebene. Die Inflation geht ebenfalls nicht spurlos an Schulsozialarbeiter*innen vorbei. Die Anwesenden berichteten von Kolleg*innen, die sich anderweitig orientieren, da die Bezahlung von
Schulsozialarbeit mit ihrer verantwortungsvollen Funktion nicht übereinstimmt. Die Bezahlung nach TV-L S 11b reicht nicht aus. Eine deutliche stufengleiche Höhergruppierung muss an dieser Stelle erreicht werden. Die Gruppen Arbeitskreis Schulsozialarbeit im Bezirk Hannover, Fachgruppe Schulsozialarbeit im Bezirk Weser-Ems, Landesfachgruppe Pädagogische Therapeutische Technische Fachkräfte (PTTF), Landesfachgruppe Sozialpädagogische Berufe, das Referat Jugendhilfe und Soziale Arbeit im Geschäftsführenden Vorstand haben sich daher mit einem Schreiben an die Landestarifkommission der GEW gewandt. Inhalt des Briefes ist die Forderung, in dieser Tarifrunde mindestens eine stufengleiche Höhergruppierung auf TV-L S 12 einzufordern und die Bezahlung für Schulsozialarbeit im Landesdienst auf S 15 zu prüfen.

Zeit für Qualität und Nachhaltigkeit
Die Fachberatung für Schulsozialarbeit im Landesdienst muss dann auch höhergruppiert werden. Diskutiert wurde über die Freistellung von Fachberater*innen für ihre Aufgaben. Zudem braucht es unbedingt einen landesweiten Ausbau der vorhandenen Stellen. Fachberater*innen sind
zurzeit mit einer halben Stelle in der Fachberatung und einer halben Stelle an den Schulen. Das ist keine gute Situation für beide Seiten!
Die Vorteile einer höheren Freistellung für die Fachberatung liegen auf der Hand: Die Kolleg*innen können intensiver beraten und begleitet werden. In unserem Flächenland können die Fachberater*innen an den verschiedenen Schulen vor Ort sein und bei Neueinstellungen gibt es Möglichkeiten, die Schulen und die Schulsozialarbeiter*innen zu begleiten. Die Fachberater*innen können sich fachlich spezialisieren und die Qualität von Schulsozialarbeit voranbringen. Hierfür braucht es allerdings einen Rahmen in den Regionalen Landesämtern mit einem eigenen Fachbereich, eigenen Räumen, eigenem Etat und technischer Ausstattung.
Diskutiert wurden zudem der Ausbau und verschiedene Möglichkeiten von Supervision.
Ein immer wiederkehrendes Thema kam darüber hinaus auf die Tagesordnung – und das zieht sich durch die Geschichte von Schulsozialarbeit: Die Arbeit auf Augenhöhe beziehungsweise leider oft eben nicht auf Augenhöhe und die damit verbundenen Probleme eines hierarchischen Schulsystems. Als Ergebnis der Diskussion lässt sich festhalten, dass es einer konzeptionellen Verankerung im Schulprogramm bedarf. Sichtbar wurde in der Diskussion, dass weiterhin nicht für
alle Kolleg*innen Beratungsräume und Büros mit Arbeitsplätzen mit ausreichender Technik und Etat an den Schulen zur Verfügung stehen. Ein Diskussionsergebnis ist, dass es eine zentrale Auflistung für die Schulen und Schulträger über die benötigte Grundausstattung geben muss. Ein
weiteres Ergebnis ist die Etablierung von Fortbildungen für Schulleitungen und Schulsozialarbeiter*innen. Das Ziel: Eine tatsächliche Arbeit auf Augenhöhe. So könnten Aufgaben und Ziele von Schulsozialarbeit transparent gemacht und strukturell verankert werden.
Auf diese Weise könnte auch die Belastung der Kolleg*innen verdeutlicht werden. Die Falldichte und die begrenzten auch außerschulischen Ressourcen stellen für alle Beteiligten einen erheblichen Stressfaktor dar.

Vernetzung und Austausch
Die Anwesenden waren sich einig, dass es wichtig ist, am 23. September 2023 an den Demonstrationen zur „Bildungswende JETZT!“ teilzunehmen. Hier bestünde die Möglichkeit, als Schulsozialarbeiter*innen sichtbar zu werden und sich für deutlich mehr Geld für Bildung, für zukunftsfähige und inklusive Schulen und Kitas einzusetzen. Auch mit dem Ziel, die „multiprofessionellen Teams als festen Bestandteil in allen Schulen zu verankern und zu finanzieren“. Ganz in diesem Sinne, so die Teilnehmenden, sei es auch wichtig, sich bei den kommenden Tarifauseinandersetzungen zu engagieren.

Christian Kerber und Meike Grams
für den AK Schulsozialarbeit im Bezirk Hannover