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Unterrichtsverpflichtung senken und gezielt entlasten

GEW: Arbeit nicht wegdefinieren

Das Niedersächsische Kultusministerium hat Gewerkschaften und andere Organisationen am Freitag, den 29.1. 2016 zu einem Dialog eingeladen, um eine geplante Online-Befragung der 86.000 Lehrkräfte vorzustellen. Diese soll unter dem Motto „Mehr Zeit für gute Schule" stehen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft wird sich nicht an der Ausarbeitung der Umfrage beteiligen, weil der irreführende Eindruck erweckt wird, mit ihr könnten „belastbare Ergebnisse" zur Arbeitsbelastung und Arbeitszeit der Lehrkräfte gewonnen werden. Die GEW sieht die Online-Befragung als Versuch der Landesregierung an, die Deutungshoheit in Sachen Arbeitszeit der Lehrkräfte wieder zu gewinnen, die sie mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg verloren hat.

Wissenschaftlich abgesicherte und juristisch beachtliche Ergebnisse werde dagegen die große Arbeitszeituntersuchung der GEW und der Universität Göttingen liefern, bei der an über 250 Schulen etwa 3.000 Kolleginnen und Kollegen mitmachen und ein Jahr lang ihre Arbeitszeit minutengenau aufschreiben. In seinem Urteil zur Arbeitszeit der Gymnasiallehrkräfte zitiert das Oberverwaltungsgericht Lüneburg das Pilotprojekt zur Arbeitszeitstudie am Gymnasium Tellkampfschule in Hannover, in dem eine massive Überschreitung der 40-Stundenwoche festgestellt wurde und erklärt, dass diese Form der Arbeitszeiterfassung gerichtlich verwertbar ist. Die stellvertretende Landesvorsitzende Laura Pooth kündigt an, dass die GEW die Studie im August 2016 präsentieren wird.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Niedersachsen betont, dass die Unterrichtsverpflichtung gesenkt und gezielte Entlastungen eingeführt werden müssen. „Nur so bekommen die Lehrkräfte mehr Arbeitszeit für die Tätigkeiten, die dem Unterricht vor- und nachgelagert sind. Nur so geht 'gute Schule'", erklärt der Landesvorsitzender der GEW Eberhard Brandt. „Wir brauchen Zeit, um Unterrichts- und Schulkonzepte und uns selbst weiterzuentwickeln. Anders können Inklusion, durchgängige Sprachförderung und Ganztagsschulen nicht gelingen. Auch die Integration der Geflüchteten will gelernt sein."

Die GEW kritisiert Aussagen der Landesregierung im Vorfeld des Dialogforums. Ministerpräsident Weil schloss in seiner Rede beim Philologentag im November 2015 eine Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung aus. „Ministerpräsident Weil ist mit der von ihm beim Philologentag angekündigten 'Entrümpelungsaktion' auf dem Holzweg. Die Philologen mögen klatschen, wenn Weil erklärt, den Lehrkräften solle ermöglicht werden, sich besser auf den Kern ihrer Arbeit, den Unterricht, zu konzentrieren. Wir nicht! Wir bestehen auf einem umfassenden Professionsverständnis", kritisiert Laura Pooth. Die Absicht, die Arbeiten, die dem Unterricht vor- und nachgelagert sind, einfach „wegzudefinieren" akzeptiere die GEW nicht.

Eberhard Brandt kündigt an, dass die GEW dem Kultusministerium eine Liste mit Aufgaben überreichen wird, die die Arbeit in den Schulen stören und deren Abschaffung die GEW schon seit Jahren im soge- nannten Dialogforum Eigenverantwortliche Schule gefordert hat: Vergleichsarbeiten wie VERA, Zentrale Schulabschlussprüfungen, landesweite Schulinspektion mit anschließenden Zielvereinbarungen und Aufgaben, die auf die Schulbehörde zurückverlagert werden sollen, wie das Schulgirokonto sowie Einstellungen und andere Personalmaßnahmen.