GEW-Umfrage: Lehrkräfte erleiden „Praxisschock“ im Referendariat / Höchststand: 11.000 Schulbeschäftigte fehlen inzwischen
Laut einer Umfrage der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) leiden viele junge Lehrkräfte unter einem sogenannten „Praxisschock“ im Referendariat. Neben der Ausbildung kritisiert die Bildungsgewerkschaft auch den weiter ansteigenden Fachkräftemangel an Niedersachsens Schulen. Nach Einschätzung der Gewerkschaft fehlen landesweit inzwischen 11.000 Schulbeschäftigte, darunter 8.000 Lehrkräfte.
Besonders kritisch seien die rückläufigen Zahlen von Referendar*innen und bei den Neueinstellungen von Lehrkräften. Für die allgemeinbildenden Schulen gelangen dem Land bis Anfang August 2023 bisher nur rund 1.420 Neueinstellungen. Ende August 2021 sowie 2022 waren es dagegen noch jeweils 1.620.
„Neben der sinkenden Zahl der Neueinstellungen geht auch die Menge der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst zurück. Das ist ein echtes Alarmzeichen“, bemängelt der GEW-Landesvorsitzende Stefan Störmer. 2021 waren insgesamt noch rund 4.280 Personen in Niedersachsen im 18-monatigen Referendariat, 2022 knapp 3.900 und aktuell nach GEW-Informationen nur noch rund 3.630. „Offenbar wird es zunehmend unattraktiver, in den Vorbereitungsdienst einzutreten. Leider stellen wir zudem fest, dass die zeitliche und psychische Belastung im Referendariat zu Unzufriedenheit und Überforderung führen“, erläutert Störmer.
GEW-Umfrage unter jungen Lehrkräften
Die GEW Niedersachsen hat dazu im Juni/Juli 2023 eine schriftliche Umfrage unter Lehrkräften im Vorbereitungsdienst (Referendar*innen) mit mehr als 400 Rückmeldungen sowie unter Berufseinsteiger*innen mit rund 200 Antworten durchgeführt.
84 Prozent der befragten Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst gaben an, dass das Studium zu wenig auf die Herausforderungen in der Schulpraxis vorbereitet („trifft überwiegend zu“ / trifft vollkommen zu“). „Uns wird immer wieder von einer Art Praxisschock zu Beginn des Referendariats berichtet, was in der Folge zu pychischer Belastungen führt“, sagt der GEW-Landesvorsitzende. 36 Prozent der Befragten beklagten häufig oder sehr häufig sogar Angstzustände, wenn sie an ihren Vorbereitungsdienst denken.
Wenn die Lehrkräfte das Referendariat dann abgeschlossen haben, geben 53 Prozent in der GEW-Umfrage an, sich keine Berufstätigkeit bis zur Regelaltersgrenze von 67 Jahren vorstellen zu können. Mehr als 50 Prozent möchte daher in Teilzeit arbeiten.
Vorbereitungsdienst muss reformiert werden
Daher fordert die GEW Niedersachsen eine Reform des Referendariats. „Die Ausbildung muss praxisorientierter werden und sich stärker auf den Berufsalltag beziehen. Wir brauchen eine Abkehr von der Prüfungsorientierung des Referendariats, hin zu einem Coaching der angehenden Lehrkräfte durch die Studienseminare“, skizziert Störmer. Insgesamt solle nach dem fünfjährigen Studium nur noch eine dreijährige Einführungsphase bis zur sogenannten Bewährungsfeststellung folgen (8 Jahre). Das ergäbe eine Verkürzung des bisherigen Ablaufs von 5 Jahren Studium, 18 Monaten Referendariat und 3 Jahren Probezeit (9,5 Jahre).