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50 Jahre „Radikalenerlass“

Geschichte und Aktualität einer umstrittenen Maßnahme

FORUM BERLIN PODIUMSDISKUSSION & Livestream

Der „Radikalenerlass“ gilt bis heute als eine der umstrittensten politischen Maßnahmen aus der Zeit der sozial-liberalen Koalition. Mit ihrem Beschluss vom 28. Januar 1972 wollten Bund und Länder den Eintritt von politischen Extremisten in den öffentlichen Dienst verhindern. Sämtliche Bewerber*innen wurden fortan durch eine individuelle Regelanfrage beim Verfassungsschutz dahingehend überprüft, ob ihre politischen Aktivitäten auf eine verfassungsfeindliche Einstellung schließen ließen. Obgleich der ursprüngliche Beschluss auf links- und rechtsradikale „Verfassungsfeinde“ gleichermaßen zielte, waren vor allem Mitglieder der DKP und anderer linker Organisationen von den Folgen der Maßnahme betroffen, die für viele einem Berufsverbot gleichkam.

Willy Brandt bezeichnete den „Radikalenerlass“ rückblickend als Fehler, wies aber auch auf einen bis heute selten thematisierten Hintergrund der Entscheidung hin: Ohne die Neue Ostpolitik und die innenpolitische „Schlacht, die um sie geführt wurde“, sei der „Radikalenerlass“ nicht zu verstehen, so Brandt. War die Maßnahme also auch ein Versuch, den innenpolitischen Streit über die Politik der Verständigung mit den osteuropäischen Staaten durch eine Maßnahme zur Extremistenabwehr im eigenen Land zu entschärfen? Aber auch die Langzeitwirkung und Gegenwartsrelevanz des Beschlusses von 1972 sollen in den Blick geraten: Welche Folgen zeitigte der „Radikalenerlass“ für den Umgang des Staates mit „Verfassungsfeinden“ von links und rechts, für die Bereitschaft zu politischem Engagement, aber auch für das Ansehen der Bundesrepublik im Ausland? Und wie stellt sich das Für und Wider einer solchen Regelüberprüfung heute dar – vor allem im Lichte der Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz?

Darüber diskutieren die Historiker*innen Dominik Rigoll (Potsdam) und Alexandra Jaeger (Hamburg), die Publizistin und Juristin Liane Bednarz (Hamburg), der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (Hannover) und die Zeitzeugin Dorothea Vogt (Halle) mit dem DLF-Journalisten Korbinian Frenzel (Berlin).

Informationen zur Anmeldung zur Präsenzveranstaltung sowie der Link zum Livestream folgen in Kürze.

Am 17.1. (Montag) wird im Programm der ARD um 23.15 Uhr (!) die 45-minütige Fernsehdokumentation „Jagd auf Verfasungsfeinde - Der Radikalenerlass und seine Opfer" ausgestrahlt. Autor des Beitrages ist der vielfach ausgezeichnete Journalist Hermann Abmayr. Die Dokumentation wird auch zeitnah in der ARD-Mediathek und bei „berufsverbote.de" zu sehen sein.

Link zum Interview mit Hermann Abmayr:           https://www.jungewelt.de/beilage/art/417720

Voraussichtlich am 3. Februar (Donnerstag) beschäftigt sich die ARD-Sendung „Panorama" ebenfalls mit den Berufsverboten und wird u. a. Interviews mit den Betroffenen Cornelia Booß-Ziegling und Matthias Wietzer aus Hannover senden.

Termin
- Uhr
Veranstaltungsort
Mendelsohn-Bau/IG Metall
Alte Jakobstraße 149
10969 Berlin