Zum Inhalt springen

OVG-Urteil sachgemäß umsetzen

Nicht Nachtreten und Chaos produzieren

„Heute kommt es darauf an, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts zur Arbeitszeit der Gymnasiallehrkräfte sachgemäß umzusetzen. Nach Abschluss des laufenden Einstellungsverfahrens an allen Schulformen müssen zusätzliche Einstellungen an den Gymnasien erfolgen, wobei die Bewerberlage genau beachtet werden muss", erklärt der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Niedersachsen, Eberhard Brandt.

Er wendet sich scharf gegen Forderungen, die gestern aus dem Philologenverband erhoben wurden. Demnach soll das Ministerium in das laufende Stellenbesetzungsverfahren eingreifen und Gymnasiallehrkräfte, die bereits an Gesamtschulen und Oberschulen eingestellt worden sind, an Gymnasien umsetzen. Andernfalls wolle der Philologenverband sich dagegen aussprechen, dass Gymnasiallehrkräfte durch freiwillige Mehrarbeit das Unterrichtsfehl ausgleichen, das kurzfristig durch die Absenkung der Unterrichtsverpflichtung entsteht.

„Das geht gar nicht. So wird Chaos produziert. Wer das betreibt, will keine sachgerechte Lösung, der will nachtreten!" Brandt appelliert an den Vorsitzenden des Philologenverbandes, Horst Audritz, sich von den Scharfmachern seines Verbandes nicht von seinem sachbezogenen Kurs abbringen zu lassen.

Auch die gestern vorgetragene Kritik des Philologenverbandes am Entwurf der neuen Oberstufenverordnung sei nicht sachgerechten Erwägungen geschuldet, sondern ausschließlich von der Absicht bestimmt, der Kultusministerin „Gymnasialfeindlichkeit" zu unterstellen.

An die rot-grüne Koalition richtet der GEW-Vorsitzende die Forderung, die Kultusministerin jetzt nicht im Regen stehen zu lassen. Die 740 zusätzlichen Stellen für die Gymnasien müssen dauer- haft zusätzlich finanziert werden. Außerdem müssen bisher vorgesehene Konsolidierungsbei- träge für das Kultusministerium gestrichen werden. „Das gilt für die laufenden Beratungen zum Haushalt 2016. Alles andere ginge zu Lasten der anderen Schulformen, zu Lasten des Ganztags und der Inklusion", so Brandt.
„Es hat doch keinen Sinn, in einer Hütte das Feuer zu löschen und in anderen Hütten zu zündeln!"

 

Zum Hintergrund:

Am (heutigen) Freitag, den 26. Juni 2015, treffen sich im Kultusministerium Experten von GEW, Philologenverband, Direktorenvereinigung und Schulleitungsverband, um Einzelheiten der Umsetzung des Urteils des OVG zu beraten. Das Gericht hatte die Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung für Gymnasial- lehrkräfte für rechtswidrig erklärt. Die Kultusministerin hatte bei einem großen Treffen mit Gewerk- schaften und Verbänden angekündigt, dass sie das Urteil praktisch anerkennen will. Bei diesem Treffen erweckten alle TeilnehmerInnen den Eindruck, dass sie an einer unaufgeregten sachbezogenen Lösung interessiert sind.

Zum Einstellungsverfahren
Das laufende Einstellungsverfahren sorgt dafür, dass die Schulen aller Schulformen nach den gültigen Regeln gleichmäßig mit Lehrkräften ausgestattet werden. Der Zusatzbedarf, der durch das OVG-Urteil entsteht, muss durch zusätzliche Einstellungen ausgeglichen werden, nicht durch Eingriffe in das laufende Einstellungsverfahren.

An Integrierten Gesamtschulen arbeiten zu 50 Prozent Gymnasiallehrkräfte und zwar sowohl in der Sekundarstufe I als auch in der gymnasialen Oberstufe. 50 Gesamtschulen werden aufgebaut. Sie haben wie die Gymnasien ein Recht darauf, ordentlich mit Lehrkräften versorgt zu werden. Das muss die Politik durchsetzen. Das muss jede Lehrerorganisation anerkennen. Die Unterrichtsversorgung der Gymnasien beträgt im laufenden Schuljahr 102,6 Prozent, die der Gesamtschulen 100,2 Prozent.

In Anbetracht der Bewerberlage sind zum neuen Schuljahr nur sehr begrenzt zusätzliche Einstellungen an den Gymnasien möglich. Daher müssen auch die nachfolgenden Einstellungsrunden genutzt werden, um so viele Einstellungen wie möglich umzusetzen. Die GEW geht davon aus, dass die Bewerberlage für alle Schulformen enger werden wird.

Unterrichtsverpflichtung an Gesamtschulen senken
Damit der Arbeitsplatz an der Gesamtschule ebenso attraktiv wird wie der am Gymnasium, muss die Landesregierung nachbessern und die Unterrichtsverpflichtung an der IGS herabsetzen - durch die Erhöhung der Entlastungsstunden für die Sekundarstufen I und II oder durch die Absenkung der Unterrichts- verpflichtung für alle IGS-Lehrkräfte von 24,5 auf 23,5.

Übergangslösungen
Übergangslösungen werden an Gymnasien notwendig sein, um den Unterrichtsausfall auszugleichen, der durch die Umsetzung des OVG-Urteils entsteht. Nach Auffassung der GEW ist dieser aufgrund der relativ guten Unterrichtsversorgung der Gymnasien nicht dramatisch. Wenn KollegInnen freiwillig für eine befristete Zeit Mehrarbeit leisten wollen, damit ihre SchülerInnen keinen gekürzten Unterricht erhalten, haben sie einen Anspruch darauf, dass die Gewerkschaften sich darum kümmern, dass die Rückgabe dieser Mehrarbeit rechtlich abgesichert wird. Die GEW tritt dafür ein, dass eine entspre- chende Verordnung auf Grundlage eines Vertrages erlassen wird, den GEW und Philologenverband mit dem Kultusministerium abschließen.

Fremdsprachen am Gymnasium und an IGSen
Es ist unzutreffend, wenn der Philologenverband den Eindruck erweckt, in der Sekundarstufe I an Gymnasien und der Gymnasialen Oberstufe würde durch die Neuregelungen der Oberstufenverordnung die Bedeutung der Fremdsprachen gemindert. Das Gegenteil ist der Fall.
Aufgrund des Übergangs von G8 zu G9 sind gute Bedingungen dafür geschaffen, dass nicht nur zwei, sondern drei Fremdsprachen gelernt werden können und zwar bis zum Abitur. Die dritte Fremdsprache wurde unter den Bedingungen von G8 außerordentlich erschwert. Endlich ist wieder ein gutes Sprachprofil möglich.

Die Abschaffung der Verpflichtung, in Jahrgang 11 die in der Sekundarstufe I begonnene zweite Fremd- sprache weiter zu führen, wird vom Philologenverband völlig unzutreffend bewertet. Wer ehrlich ist, weiß, dass diese Verpflichtung bei sehr vielen SchülerInnen nur zum Absitzen dieses Faches geführt hat. SchülerInnen, die gerne und begeistert ihre Fremdsprache bis zum Abitur weiterführen wollen, haben sich in diesen Kursen gelangweilt. Sie fühlten sich ausgebremst.

Die Abschaffung der Verpflichtung gibt den SchülerInnen in der gymnasialen Oberstufe die Möglichkeit Profile zu bilden, auch im mathematisch-naturwissenschaftlichen sowie im künstlerischen und gesellschaftswissenschaftlichen Bereich. Das ist dringend erforderlich und stärkt die gymnasiale Oberstufe an Gymnasien und an Gesamtschulen.