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Migration von Flüchtenden

Neue Dimension erfordert vorausschauendes Handeln

„Die Dimension, in der Menschen aus Not und Angst um ihr Leben aus Syrien und anderen Ländern nach Europa und damit auch nach Deutschland fliehen, hat eine neue Qualität angenommen und diese Fluchtbewegung wird aller Voraussicht nach noch Jahre andauern! Das neue Schuljahr wird von der Integration von 30.000 bis 40.000 geflüchteten Kindern und Jugendlichen in die Schulen geprägt sein", erklärt der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Niedersachsen, Eberhard Brandt. Die Bereitschaft der Lehrkräfte und der übrigen Pädagogischen Fachkräfte in den Schulen, diese Integration aktiv zu gestalten, sei außerordentlich groß. Die vom Kultusministerium entwickelten Instrumente, die Schulen bei der Sprachförderung und Integration zu unterstützen, hätten sich bewährt. Die Lehrkräfte seien aber dann unvorbereitet und überfordert, wenn diese Hilfen erst mit erheblicher Verzögerung oder nicht im notwendigen Umfang zur Verfügung gestellt werden. Die GEW habe die Situation gemeinsam mit dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) und dem Grundschulverband beraten und in einem Brief an die Kultusministerin und den Ministerpräsidenten formuliert. Sie haben die Ministerin darum gebeten, den Gesamtkomplex im Dialog zu beraten. 

„Die Landesregierung muss dem Kultusministerium sofort so viele zusätzliche Stellen zur Verfügung stellen, dass Sprachlernklassen möglichst wohnortnah zur Verfügung stehen, wenn Familien von Flüchtenden in den Städten und Gemeinden des Landes ankommen. Es geht um viel mehr Geld und eine enge Abstimmung von Innenministerium, Kommunen und Landesschulbehörde", so Eberhard Brandt. Der außerordentlich große Bedarf an Lehrkräften und SozialpädagogInnen könne nicht aus dem Bestand des Kultusministeriums geschnitten werden.

Die Sprachförderung müsse nach dem Besuch der Sprachlernklassen in den Regelklassen fortgeführt werden. Die Sprachförderung durch den stundenweisen Einsatz von Förderlehrkräften sei sehr wirksam. Die entsprechenden Personalressourcen bei der Landesschulbehörde müssten massiv verbessert werden. Das von Kultusministerin Heiligenstadt verstetigte und fest institutionalisierte DAZ-Net (Netzwerk Deutsch als Zweit- und Bildungssprache) habe sich bewährt und sollte weiter ausgebaut werden. Das qualifizierte Fortbildungsangebot für DaZ müsse ausgeweitet werden. Die FachberaterInnen für multikulturelle Arbeit bei der Landesschulbehörde sollten für die Unterstützung der Schulen vollständig vom Unterricht freigestellt werden und unbürokratisch zur Verfügung stehen. Die drei Bildungsverbände setzen sich auch dafür ein, dass jugendliche Flüchtende auch in der Berufsausbildung mit Sprachförderung und sozialpädagogisch begleitet werden. Die Sprachkurse für Erwachsene müssten ohne Wartezeiten zur Verfügung stehen. „Die Sprachlehrkräfte in diesen Kursen müssen endlich angemessen bezahlt werden." Die zahlreichen Ehrenamtlichen, die sich umfassend um die Flüchtenden kümmern, müssten besser unterstützt werden. Viele Lehrkräfte, auch Pensionierte, zeigten hier außerordentlichen Einsatz.

„In der Vergangenheit und besonders in diesem Sommer ist der Eindruck entstanden, Staat und Kommunen seien unvorbereitet und überfordert, die erforderlichen Maßnahmen zur Aufnahme und Integration der Flüchtenden zu ergreifen", kritisiert der GEW-Landesvorsitzende. Jetzt ist vorausschauenden Handeln erforderlich, bei der Bereitstellung von Wohnraum und auch in der Bildung. Hier dürfe der Bund die Länder und Kommunen nicht länger im Stich lassen. Die Steuermittel flössen so reichlich, dass es an Finanzen nicht mangele.

Umsetzung des OVG-Urteils
Nach den Berichten aus den Gymnasien ist die Lage zu Anfang dieses Schuljahres sehr entspannt. Fast 450 Neueinstellungen und die Bereitschaft der Teilzeitkräfte, bei der von ihnen beantragten Teilzeit zu bleiben, führten neben der guten Unterrichtsversorgung dazu, dass viel weniger Lehrkräfte als angenommen im kommenden Schuljahr noch eine Zusatzstunde leisteten. Unterrichtsausfall sei nicht zu erwarten, erklärt der GEW Landesvorsitzende. In der neuen Arbeitszeitverordnung und den weiteren Bestimmungen zur Umsetzung des OVG-Urteils habe das Kultusministerium das beachtet, was in den gemeinsamen Beratungen mit den Gewerkschaften besprochen worden sei. „Allerdings ist ein Streitpunkt geblieben: Es ist nicht akzeptabel, dass der finanzielle Ausgleich für Vollzeitkräfte nur nach der Mehrarbeitsverordnung erfolgt. Das muss korrigiert werden!", fordert Eberhard Brandt. Es sei Aufgabe der Landesregierung dafür die entsprechende Rechtsgrundlage zu schaffen. Die GEW werde in den kommenden Verhandlungen über die vertragliche Absicherung der Arbeitszeitkonten in dieser Frage nicht locker lassen.

Arbeitszeitverkürzung und Entlastung an allen Schulformen
Die wichtigste Aufgabe der gewerkschaftlichen Interessenvertretung liege in der Entlastung und Arbeitszeitverkürzung der in den Schulen Beschäftigten. JuristInnen der GEW prüften, inwieweit das Urteil des OVG Lüneburg zur Arbeitszeit der Gymnasiallehrkräfte juristische Anhaltspunkte enthalte, um gegen die Gültigkeit der Arbeitszeitverordnungen der anderen Schulformen vorzugehen. Vorrang hätten aber zunächst die von der Kultusministerin angekündigten Gespräche zur Entlastung der Lehrkräfte. „Wir sind sicher, dass die wissenschaftliche Arbeitszeiterhebung an 260 Schulen wertvolle und belastbare Hinweise für die Auseinandersetzung um die Arbeitszeit geben wird. Es ist toll, dass die Kollegien diese Untersuchung noch bis zu den Osterferien 2016 durchführen", so Laura Pooth, stellvertretende Landesvorsitzende der GEW.

Ruhige Umsetzung des Schulgesetzes
„Die Stimmung in den Schulen zum neuen Schulgesetz ist ganz anders, als es der CDU Landesvorsitzende David McAllister glauben machen will." An den Gymnasien freue man sich, dass G8 nun auslaufe und dass die Arbeit in der Oberstufe wieder eine bessere Perspektive bekomme. Der Pulverdampf der Schulkampfinszenierung werde sich verziehen. Die Versuche der CDU auf ihrem Landesparteitag, neuen Dampf zu entfachen, sei langsam lächerlich, kommentiert der GEW Landesvorsitzende.