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Corona-Umfrage: motivierte Lehrkräfte in schwierigem Umfeld / GEW: System Schule wacklig wie ein Kartenhaus

Nach einer Umfrage der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) erledigen Niedersachsens Schulbeschäftigte ihre Aufgaben trotz Corona gerne. Allerdings sorgen sie sich um die Rahmenbedingungen in den Schulen. Die Gewerkschaft hatte ihre Mitglieder im Mai 2020 befragt und stellte zentrale Ergebnisse am 17. Juni vor. Insgesamt nahmen 4.157 Beschäftigte aller Schulformen teil (darunter 3.821 Lehrkräfte inklusive Schulleitungen), so dass nach Überzeugung der GEW grundsätzliche Aussagen auf alle niedersächsischen Lehrkräfte übertragen werden können.

Die Aussage „Ich mache diese Arbeit gerne“ bestätigten 57 Prozent der Befragten, 29 Prozent nur teils teils und 14 Prozent verneinten das. Gleichzeitig sind 42 Prozent beim Gedanken an den Präsenzunterricht in Sorge um ihre Gesundheit, nur 12 Prozent sorgen sich gar nicht. 17 Prozent der Befragten gehören nach eigenen Angaben wegen Vorerkrankungen zur Risikogruppe. Von diesen 650 Teilnehmenden nutzten jedoch lediglich ein Drittel (230 Personen) ihr Recht, ausschließlich im Homeoffice zu arbeiten. „Hochgerechnet sind also nur etwa sechs Prozent aller Lehrkräfte im Home-Office. Schon vor Corona war der Personalmangel eklatant. Jetzt zeigt sich wie durch ein Brennglas: Sobald in den ohnehin ausgedünnten Kollegien wegen akuter Gesundheitsgefahr jemand ausfällt, droht das Kartenhaus zusammenzubrechen“, sagte die GEW-Landesvorsitzende Laura Pooth. Die Situation in vielen Schulen sei zudem weiter schwierig.

31 Prozent der Teilnehmenden verneinten, dass es an ihrer Schule ausreichend Waschbecken, Seife und Einmalhandtücher gibt (58 Prozent antworteten ja, 12 Prozent keine Angabe). Lediglich 50 Prozent glaubten, dass der Mindestabstand im Unterricht eingehalten werden kann (42 Prozent sagten nein, 12 Prozent keine Angabe). „Niedersachsen braucht spätestens Anfang Juli ein umfassendes Konzept, wie mit fehlenden Möglichkeiten zum Händewaschen, engen Räumlichkeiten und Fenstern, die sich nicht öffnen lassen, im neuen Schuljahr umgegangen werden soll“, forderte Pooth. Doch Arbeitsschutz sei nicht auf Virenschutz zu reduzieren.

Laut der Umfrage empfinden 53 Prozent inzwischen mehr Stress als vor der Pandemie (26 Prozent teils teils, 21 Prozent verneinten dies). „Mit unserer Arbeitszeitstudie 2016 konnten wir bereits belegen, dass Lehrkräfte stark belastet und gleichzeitig hoch motiviert sind. Durch Corona entsteht  nun eine Doppelbelastung von Fern- und Präsenzunterricht, so dass dringend Entlastungen nötig sind“, bemängelte Laura Pooth. Insgesamt zeigt die Umfrage aus Sicht der GEW das aktuelle Dilemma zwischen pädagogischem Anspruch und notwendigem Gesundheitsschutz: Lehrkräfte und andere Schulbeschäftigte engagieren sich stark, stoßen jedoch bei den Bedingungen vor Ort an ihre Grenzen.

Zwei Dinge muss die Landesregierung jetzt unverzüglich mit Blick auf das kommende Schuljahr vorlegen: Konzeptionen für unterschiedliche Infektionsgeschehen und einen nachhaltigen Investitionsplan. Das über Jahre kaputt gesparte System Schule ist wacklig wie ein Kartenhaus. Wenn die Politik nicht endlich massiv in stabile Strukturen investiert, hat sie aus Corona nichts gelernt“, betonte die GEW-Landesvorsitzende.

Die Umfrage der GEW unter ihren rund 30.000 niedersächsischen Mitgliedern hatte am 4. Mai 2020 begonnen und dauerte zwei Wochen. Auch Nichtmitglieder unter den Schulbeschäftigten konnten mitmachen. 4.157 Teilnehmende beendeten die Umfrage, davon waren nach eigenen Angaben 3.821 Lehrkräfte und 228 pädagogische oder therapeutische Fachkräfte (der Rest machte keine Angaben zur Profession). Link zur GEW-Umfrage sowie zu druckfähigen Diagrammen (JPEG-Format)