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Lehrkräfteausbildung

Zehn Jahre Praxisphase GHR 300

GHR 300: Erfolgreiches Praxisphasenmodell in der Lehrkräfteausbildung – Zeit, es zu evaluieren und auf weitere Lehrämter auszuweiten!

Mit dem Wintersemester 2014/15 wurde für die Studiengänge der Lehrämter an Grund-, Haupt- und Realschulen eine Praxisphase eingeführt. Diese Praxisphase hat sich offensichtlich bewährt, zumindest sind keine Stimmen zu hören, die die Abschaffung dieser Praxisphase fordern. Es stellt sich zu Recht die Frage, warum es eine solche Praxisphase nicht auch in den anderen Lehrämtern gibt.

Bis zum Wintersemester 2014/15 umfasste das Masterstudium für die Lehrämter an Grund-, Haupt- und Realschulen lediglich zwei Semester, während sie für die anderen Lehrämter vier Semester betrug. Es ist kein Zufall, dass die Einführung einer Praxisphase für die Lehrämter GHRS zeitgleich mit der Verlängerung des Masterstudiums von zwei auf vier Semester einherging. Auch der Name GHR 300 verrät einen wesentlichen Grund der Einführung dieser Praxisphase. Die Studienabsolventinnen und Studienabsolventen der Lehrämter für Grund-, Haupt- und Realschulen sollten am Ende ihres Studiums ebenfalls 300 Leistungspunkte erreichen. Zwei weitere Semester ermöglichten damit die Einführung einer umfangreichen Praxisphase. Die Einführung dieser langen Phase des eigenen Ausprobierens schon während des Studiums wurde allgemein positiv gesehen. Allerdings stellte sich zu Recht die Frage, warum diese Phase nicht für alle Lehrämter eingeführt wurde, sondern sich auf die Ausbildung für die Lehrämter beschränkte, deren Studium bereits einen stärkeren Fokus auf die Pädagogik legt.

An der zweiphasigen Lehrkräfteausbildung (erste Phase Studium, zweite Phase Vorbereitungsdienst) wurde und wird kritisiert, dass die beiden Phasen nicht genügend miteinander verzahnt sind. Mit GHR 300 findet zumindest in der Ausbildung der Lehrämter GHRS eine gewisse Verzahnung dieser beiden Phasen statt. In den Vereinbarungen zur Implementierung der Praxisphase heißt es, dass die Lehrveranstaltungen und die Betreuung der Studierenden gemeinsam von wissenschaftlichem Personal der Hochschulen und durch in der Ausbildung von Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärtern erfahrene Lehrkräfte und andere geeignete Lehrkräfte gestaltet werden. Dies bedeutet, dass viele der an den Studienseminaren ausbildenden Lehrkräfte auch im GHR 300 tätig sind. Nicht selten ist die Person, die eine Studentin oder einen Studenten in der Praxisphase im Masterstudium betreut, auch die Ausbilderin oder der Ausbilder im Vorbereitungsdienst.

Die Praxisphase verteilt sich über drei Semester. Im ersten Mastersemester findet ein Vorbereitungsseminar mit einem Umfang von zwei Semesterwochenstunden statt. Im Sommersemester von Februar bis Juli erfolgt die eigentliche Praktikumszeit. In dieser Zeit sind die Studierenden an den Schulen. Im dritten Mastersemester findet ein Nachbereitungsseminar im Umfang von einer Semesterwochenstunde statt. Während der Praxisphase werden die Studierenden von einem Team aus zwei Personen besucht dies wird von Seiten der Universitäten deshalb gern als „Tandemlehre“ bezeichnet. Die eine Person ist eine Hochschullehrkraft und die andere Person ist eine Lehrkraft, die an einer Schule beziehungsweise an einer Schule und an einem Studienseminar tätig ist.

Während diese Zusammenarbeit inhaltlich sehr positiv gesehen wird, gibt es im Bereich der Organisati-on durchaus Verbesserungsbedarf. Es ist ausdrücklich erwünscht, dass Lehrkräfte, die als Fachseminarleiterinnen und Fachseminarleiter am Studienseminar Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst ausbilden, als sogenannte LIP (Lehrkräfte im Praktikum) auch im GHR 300 Studierende ausbilden. Die Entlastungsstunden, die die LIP für ihre Tätigkeit innerhalb des GHR 300 bekommen, sind aufgrund der Organisation der drei Phasen sehr unterschiedlich. Dies macht den Einsatz innerhalb der Schulen recht schwierig, da jeweils im Sommerhalbjahr eines Schuljahres erheblich mehr Entlastungsstunden anfallen als in den Winterhalbjahren. Bei der Betreuung einer großen Zahl von Studierenden fallen im Sommerhalbjahr so viele Entlastungsstunden an, dass die LIP nur noch sehr wenig Unterrichtsverpflichtung haben. Für Lehrkräfte, die zudem noch an einem Studienseminar ausbilden, reduziert sich die Unterrichtsverpflichtung oft so weit, dass sie unter ein Viertel der regulären Unterrichtsverpflichtung sinkt. In der Niedersächsischen Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten an öffentlichen Schulen ist in § 17 festgehalten, dass die Unterrichtsverpflichtung einer Lehrkraft durch Anrechnungen und Ermäßigungen aber nicht auf weniger als ein Viertel der Regelstundenzahl gemindert, werden darf. Dieser Paragraph und der Wunsch, dass möglichst viele LIP auch an Studienseminaren ausbilden, widersprechen sich und führen nicht selten zu Problemen. 

Auf der Internetseite des Kultusministeriums werden die Vorteile der Praxisphase GHR 300 anhand von vier zentralen Elementen beschrieben. Es wird hervorgehoben, dass die Studierenden eine Praxis- und eine Berufsfeldorientierung bekommen und Erfahrungen in allen Bereichen des Berufsfeldes einer Lehrkraft sammeln. Verwiesen wird auf eine Verzahnung der Phasen in der Lehrkräfteausbildung, da die Ausbilderinnen und Ausbilder wie oben beschrieben aus Hochschule, Schule und Studienseminar kommen. Es wird darüber hinaus darauf hingewiesen, dass die Masterstudierenden durch GHR 300 kontinuierlich ihre schulpraktischen Kompetenzen entwickeln und sie viertens sukzessive einen wissenschaftsgeleiteten Blick für ihr späteres Berufsbild entwickeln.

Aus Sicht der Studienseminare wird diese Praxisphase ebenfalls positiv bewertet. Zum einen wird der inhaltliche Austausch mit den Hochschulen positiv gesehen. Zum anderen ist festzustellen, dass die Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst durch diese Praxisphase besser vorbereitet in die zweite Ausbildungsphase starten. Die Praxisanteile und die Anteile pädagogischer und didaktischer Veranstaltungen sind in der Ausbildung von Gymnasiallehrkräften vergleichsweise gering. Vielleicht resultieren auch hieraus der oft bemängelte Praxisschock und eine zu hohe Quote von Personen, die ihr Referendariat abbrechen. Die Praxisphase GHR 300 wird insgesamt als Bereicherung innerhalb der derzeitigen GHR-Lehrkräfteausbildung angesehen. Nach zehn Jahren wäre es an der Zeit, eine Evaluation durchzuführen. Mit den daraus resultierenden Kenntnissen sollte die Durchführung der Praxisphase verbessert und zudem geprüft werden, sie auch in den anderen Lehrämtern einzuführen.