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Beamtenbesoldung

Wie geht es weiter mit der Besoldung in Niedersachsen?

Seit spätestens 2008 besolden alle 16 Bundesländer ihre Beamtinnen und Beamten nicht mehr amtsangemessen. Als Folge hat das Bundesverfassungsgericht seine Rechtsprechung seit 2012 zunehmend verschärft und im Mai 2020 eine weitere grundlegende Entscheidung getroffen, in deren Gefolge es zu deutlichen Steigerungen des Besoldungsniveaus in allen Ländern wie auch im Bund kommen muss.

Bund und Länder kommen dieser Verpflichtung allerdings seitdem weiterhin nicht im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Pflichten nach, sondern versuchen nach wie vor, wissentlich und willentlich eine amtsangemessene Alimentation mit kaum haltbaren Mitteln zu umgehen.3 So hat beispielsweise Baden-Württemberg unlängst zugegeben, dass eine Rückkehr zu einer verfassungskonformen Alimentation jährliche Mehrkosten von 2,9 Milliarden
Euro nach sich zöge, weshalb mittels verfassungswidriger Sparvarianten die tatsächlich gewährten Mehrkosten auf 238 Millionen Euro minimiert werden sollen. 4

Auch Niedersachsen macht sich nun kurz vor Ende der Legislaturperiode auf den Weg, Folgen aus der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ziehen zu wollen, nachdem ihm das Bundesverwaltungsgericht bereits 2018 eine seit 2005 vollzogene verfassungswidrige Besoldungspraxis attestiert hat, die Beamtinnen und Beamten in unteren Besoldungsgruppen nicht einmal auf Höhe der staatlichen Grundsicherung (vormals auf Höhe des Sozialhilfeniveaus) alimentiert.5 Der Vorsitzende des Zweiten Senats sah sich deshalb veranlasst, von einer „erschreckenden Weise“ zu sprechen, wie in Niedersachsen mit Beamtinnen und Beamten verfahren wird. 6 Diese erschreckende Weise
will die Landesregierung nun ein weiteres Mal ungebrochen fortsetzen, weshalb das Finanzministerium einen Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes zur amtsangemessenen Alimentation erstellt hat, der keinen Bestand vor dem Bundesverfassungsgericht haben kann.7 Das kann auch der Landesregierung und dem Finanzminister nicht verborgen geblieben sein, weshalb sich der DGB, die GEW, die GdP und ver.di im Rahmen des Beteiligungsverfahrens in einer gemeinsamen Stellungnahme entschieden gegen den Entwurf positioniert haben. Nicht umsonst weist eine von der GEW in Auftrag gegebene Untersuchung des Gesetzentwurfs seinen sachlich vielfach verfassungswidrigen Gehalt eindeutig nach, auch zeigt sie auf, dass den niedersächsischen Landesbeamtinnen und Landesbeamten mit dem geplanten Gesetz allein im Jahr 2022 ihnen zustehende Alimentationsleistungen von offensichtlich deutlich mehr als einer Milliarde Euro verfassungswidrig vorenthalten werden sollen.

Besonders empörend ist dabei, dass der Finanzminister plant, mit dem Ziel der Personalkosteneinsparung die Ehepartnerinnen von Beamten mittels einer Herdprämie zurück in die Küche zu locken, und damit gezielt in Kauf nimmt, die heute weiterhin deutlich verringerte und geringere ökonomische, finanzielle und partizipative Unabhängigkeit von Frauen zu verstärken. Stefan Störmer hat sich deshalb unlängst in einem persönlichen Brief erneut an den Ministerpräsidenten gewandt und ihn in seiner Funktion als ehemaligen Amtsrichter dazu aufgefordert, den Gesetzentwurf noch einmal zu überdenken.

 

1 Vgl. Torsten Schwan, Das Alimentationsniveau der Besoldungsordnung A 2008 bis 2020 – eine „teilweise drastische Abkopplung der Besoldung“ als dauerhafte Wirklichkeit?, DÖV 2022, S. 198 (206).
2 Martin Stuttmann, Die Besoldungsrevolution des BVerfG – Der Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau, NVwZ-Beilage 2020, S. 83 ff.; Torsten Schwan, Neue bundesverfassungsgerichtliche Direktiven für die Besoldungsdogmatik und ihre Folgen für das künftige Alimentationsniveau – Zugleich Bemerkungen zu BVerfG, Beschl. v. 4.5.2020, 2 BvL 4/18 –, DÖV 2021, S. 368 ff.
3 Alexia Tepke/Andreas Becker, Goldene Besoldungszeiten nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts von Mai 2020 zur Mindest- und Familienalimentation?, ZBR 2022, S. 145 (154); Torsten Schwan, „Wir werden sicherstellen, dass der Bund auch zukünftig verfassungsmäßig alimentiert“ – Besoldungsrechtliche Entwicklungen in Bund und Ländern nach der bundesverfassunggerichtlichen Entscheidung 2 BvL 4/18 und vor den konkreten Normenkontrollverfahren 2 BvL 5/18 bis 2 BvL 9/18, unter www.berliner-besoldung.de/betrachtung-der-besoldungsrechtlichen-entwicklungen-in-bund-und-laendern-seit-2020 <23.08.2022>.
4 www.bbw.dbb.de/aktuelles/news/verfassungskonforme-besoldung-das-land-macht-sich-auf-den-weg <23.08.2022>.
5 BVwerG, Beschluss v. 30.10.2018 – 2 C 32.17 –, Rn. 121.
6 www.goettinger-tageblatt.de/der-norden/beamte-in-niedersachsen-koennten-bald-mehr-verdienen-4QCTU3E3HIPWBH4NR3DNFZAXJQ.html <23.08.2022>.

7 Nds.-Drs. 18/11498 v. 12.07.2022