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Fachgruppe Schulsozialarbeit im Kreisverband Cuxhaven

Traumapädagogik

Gemeinsam mit Dozent Alexander Korittko aus Hannover machten sich Ende September 20 Teilnehmende aus allen Schulformen beim zweitägigen Traumapädagogik-Seminar im Kloster Neuenwalde auf die Suche nach Antworten zu dem Themenkreis Traumatisierungen.

Was unterscheidet ein traumatisches Ereignis im Hinblick auf die Verarbeitung? Wodurch entsteht eine Traumatisierung? Woran erkennt man, dass ein derartiges Verarbeitungsverhalten vorliegt, und was kann ein*e Pädagog*in beziehungsweise Schulsozialarbeiter*in im Besonderen tun oder auch lassen, damit eine positive Interaktion mit der traumatisierten Person gelingen kann?
Erkenntnisse aus der Hirnforschung, Wissensberichte und viele Beispiele aus der Praxis halfen, das Phänomen zu entschlüsseln, und gaben Orientierung und Handlungssicherheit. Ergänzend wurden Filmausschnitte, Statistiken und Kurzrollenspiele genutzt, um zur Erkenntnis zu gelangen, dass es einer besonderen Feinfühligkeit in der Begleitung traumatisierter Kinder und Jugendlicher bedarf. Die Annahme des sogenannten „Der gute Grund jedes Verhaltens“ hilft dabei, die eigene Bewertung einer Situation so zu verändern, so dass es besser gelingen kann, sich adäquat – also traumasensibel – zu verhalten. Wissen und Erkenntnis führen zu neuen Zugängen zu traumatisierten Menschen, die sich in unseren Schulen befinden und traumasensible Hilfestellungen dringend benötigen, um sich immer besser selbst regulieren zu lernen.
Traumatisierte Menschen brauchen Schutz, Sicherheit durch verlässliche Beziehungen und Strukturen. Sie brauchen Menschen, die ihnen dabei behilflich sind, sich aus Überbeziehungsweise Untererregung in einen mittleren Bereich zu bringen, damit ihre Gehirne in einen Zustand versetzt werden, um überhaupt aufnahmefähig für Lerninhalte zu sein. Die sogenannte Neuroplastizität des Gehirns macht es möglich, dass neue Verarbeitungswege gebahnt und genutzt werden können. Traumasensibles Verhalten auch der Pädagog*innen bildet die Grundlage dazu, indem zum Beispiel Körperübungen ausprobiert und später fest verankert werden, die die Sinneskanäle mitnutzen. Diese und andere Methoden zur Selbstregulierung wurden im Gespräch wie auch im Rollenspiel erprobt.

Aber auch im Klassenraum und/oder in der Schule geeignete Rückzugsräume für gestresste Schülerinnen und Schüler zu schaffen und zu etablieren, die von ihnen bei Bedarf selbstständig aufgesucht werden können, kann zur Stabilisierung der Gesamtpersönlichkeit beitragen. Sogenannte „Auszeitkarten“, die sie selbstständig ohne weiteren Kommentar auf den Lehrer*innentisch legen, um ungestört drei Minuten vor der Tür verbringen zu können, kann ebenfalls eine Methode zur Selbstregulierung darstellen.

Darüber hinaus beschäftigten sich die Anwesenden mit dem Phänomen der Mitgefühlserschöpfung. Viele Ersthelfer und auch Menschen in professionellen Beratungskontexten werden quasi „mit angesteckt“ von den Erlebnissen, den sie überwältigenden Bildern im eigenen Kopf oder den realen Ereignissen, so dass sie sich in ihrer „Zeugenschaft der
traumatisierenden Ereignisse anderer“ sehr bewusst mit ihrer eigenen psychischen und körperlichen Gesundheit auseinandersetzen sollten, um in ihrem Job lange gesund zu bleiben beziehungsweise ob ihres Wissens, um die Wichtigkeit der Selbstfürsorge, dementsprechend
handlungsfähig zu werden und/oder zu sein; denn Traumafolgestörungen sind weiter verbreitet als allgemein vermutet. An Supervision, Intervision, kollegialer Fallberatungen und an multiprofessioneller Zusammenarbeit teilzunehmen, aber auch daran zu denken und dafür regelmäßig zu sorgen, sich über sportliche und andere Aktivitäten, gesunde Ernährung, Bewegung und vieles andere mehr einen Ausgleich zu schaffen, sind dabei behilflich, die Gesundheit zu erhalten und zu pflegen. Einige Seminarteilnehmende nutzten dazu das schöne Wetter und unternahmen gegen Abend einen Ausflug an die Küste. Einhellig wurde bei der Evaluation der Wunsch nach einem vertiefenden Seminar im neuen Jahr geäußert und gerne wieder an dem „Rückzugs- und Besinnungsort“ Kloster Neuenwalde.

Monika Raudies
Fachgruppe Schulsozialarbeit / Kreisverband Cuxhaven