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Proteste gegen Befristungswahnsinn an Universitäten: 90 Prozent sind zu viel!

Die Osnabrücker GEW-Hochschulgruppe hat sich am niedersächsischen Aktionstag der bundesweiten Kampagne „Frist ist Frust“ beteiligt. Sie fand am 11. November 2019 zeitgleich zur Sitzung der Landeshochschulkonferenz (LHK) statt. Mit einem Infostand in der Mensa wurde auf die Befristungssituation an den Hochschulen und auf die Bayreuther Erklärung aufmerksam gemacht, mit der die Kanzler*innen der deutschen Universitäten versuchen, die Befristung eines Großteils der wissenschaftlich Beschäftigten zu rechtfertigen.

Viele Kolleg*innen kamen der Aufforderung nach und zeigten ihre prekäre Beschäftigungssituation, indem sie eine Murmel in eines von zwei Gefäßen warfen: befristet oder unbefristet beschäftigt. Für ihre Teilnahme bekamen sie einen Button, rot für befristete Beschäftigung, grün für unbefristete: So wurden die prekären Arbeitsverhältnisse in der Mensa sichtbar.

Viele Mitarbeiter*innen, aber auch Professor*innen und Studierende diskutierten über Arbeitsbedingungen an der Universität und deren Auswirkungen auf die Qualität von Forschung und Lehre. Auch einem der Vizepräsidenten der Universität konnte die Hochschulgruppe ihren Flyer mitgeben.

„Frist ist Frust“ ist eine Kampagne im Aktionsbündnis mit ver.di und dem Netzwerk „Gute Arbeit in der Wissenschaft“ (NGAWiss). In Niedersachsen fanden Aktionen im Oldenburg Göttingen und Osnabrück statt. Die Mitarbeiter*innen stellen sich gegen ständig befristete Verträge und fordern verlässliche dauerhafte Arbeitsperspektiven in der Wissenschaft. Aktueller Anlass ist der Zukunftsvertrag zwischen Bund und Ländern mit dem vielversprechenden Titel „Studium und Lehre stärken“, der zunächst 3,76 Milliarden Euro und ab 2024 rund 4,1 Milliarden jährlich verspricht - und zwar auf Dauer. Der Bund will auch die Befristungen an den Universitäten damit beschränken, denn bundesweit sind zirka 90 Prozent der Stellen unterhalb der Professur befristet, überwiegend mit Laufzeiten deutlich unter einem Jahr.

Im Rahmen der Verhandlungen zum Zukunftsvertrag haben die Bundesländer bis zum 15. Januar 2020 Zeit, eine Verpflichtungserklärung zur Verwendung der Gelder vorzulegen. Ein wichtiger Teil der Konzepte werden die Maßnahmen zur Stärkung der unbefristeten Beschäftigung sein. Aber genau in diese kritische Planungsphase platzt eine Stellungnahme der „Vereinigung der Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten Deutschlands“, die sogenannte „Bayreuther Erklärung“. Diese rechtfertigen die Befristungspraxis der Universitäten mit der zweifelhaften Aussage, das Beschäftigungssystem der Universität sei fast ausschließlich ein Qualifizierungssystem für Fachkräfte in Wirtschaft und Verwaltung. Aus Sicht der Mittelbauinitiativen und Gewerkschaften ist nicht nur diese Behauptung unzutreffend, auch für die Schlussfolgerung, dass Qualifizierung zwangsläufig auf befristeten Stellen erfolgen muss, werden keine Begründungen geliefert. Dauerstellen für Daueraufgaben, das bleibt die zentrale Forderung der GEW seit vielen Jahren! So hat die niedersächsische GEW auf ihrer Landesdelegiertenkonferenz am 29. Oktober 2019 die Universitätspräsidien aufgefordert, sich von dieser Bayreuther Erklärung ausdrücklich zu distanzieren.

 

Lisa-Marie Heimeshoff

Yoshiro Nakamura