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Versorgungsbezüge

Mögliche Rückforderung

Mit dem Eintritt in den Ruhestand beginnt für Beamtinnen und Beamten ein neuer Lebensabschnitt. Durch den Dienstherrn werden mit Beginn des Ruhestands Versorgungsbezüge geleistet. Oftmals sind die ruhegehaltfähigen (Vor-) Dienstzeiten schon zu Beginn des Beamtenverhältnisses festgesetzt worden. Gleichwohl liegt es im Interesse der Ruhestandsbeamt*innen, zu Beginn des Ruhestands den Bescheid über die Festsetzung der Versorgungsbezüge genau zu prüfen, um unangenehme Überraschungen in der Zukunft zu vermeiden.

Gerade im Bildungssektor ist es nicht ungewöhnlich, dass das Berufsleben nicht ausschließlich im Rahmen eines Beamtenverhältnisses zurückgelegt wurde. Oftmals bestand bei Eintritt in den öffentlichen Dienst ein Arbeitsverhältnis, in dessen Rahmen Beiträge zur Rentenversicherung und zur Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder abgeführt wurden. Geschieht dies über mindestens 60 Monate, besteht nach den Bestimmungen des SGB VI und der Satzung der VBL eine unverfallbare Rentenanwartschaft, die auf Antrag bei Erreichen der Altersgrenze zur Auszahlung einer Altersrente beziehungsweise Zusatzversorgung führt. Ein solcher Rentenbezug beziehungsweise Rentenanspruch kann Auswirkungen auf den Versorgungsbezug aus dem Beamtenverhältnis haben. Nach § 66 NBeamtVG1 können Rentenansprüche unter gewissen Voraussetzungen zum Ruhen des Versorgungsbezugs führen. Dies ist insbesondere regelmäßig dann der Fall, wenn der Höchstversorgungssatz von 71,75 Prozent erdient worden ist. Hierdurch soll eine Besserstellung von Beamt*innen mit zurückgelegten Zeiten im Angestelltenverhältnis im Vergleich zu „Nur-Beamten“ vermieden werden.2 Das Ruhen des Versorgungsbezugs ist dabei unabhängig davon, ob eine Rente tatsächlich beantragt wurde. Unterbleibt ein Antrag, so ordnet das Gesetz eine fiktive Anrechnung an, § 66 Abs. 1 S. 3 NBeamtVG. Das Ruhen tritt kraft Gesetzes von Beginn des Versorgungsbezugs an ein, eines behördlichen Bescheides bedarf es für den Eintritt dieser Wirkung nicht.3 Somit kann es, ohne dass es den Betroffenen bewusst wird, zu erheblichen  Überzahlungen seitens des Dienstherrn kommen, die dieser gem. § 63 NBeamtVG zurückfordern kann. Erfolgt eine Überzahlung über mehrere Jahre, kann es sich um erhebliche Beträgen handeln, die der Rückforderung unterliegen.
Die Rechtsprechung geht zwar davon aus, dass der Lauf der Verjährungsfrist ausgelöst wird, wenn der Versorgungsträger einen möglichen Rentenbezug hätte erkennen müssen und eine Anfrage beim zuständigen Rentenversicherungsträger nicht gestellt hat.4 Es ist aber festzustellen, dass in der Rechtsprechung der Instanzgerichte eine Tendenz besteht, zumindest eine regelmäßige Kontrolle der Versorgungsakten durch entsprechende Wiedervorlagen von den Versorgungsbehörden nicht zu verlangen. Erst aber zu dem Zeitpunkt, in dem der Versorgungsträger den Rentenbezug hätte erkennen müssen, beginnt die Verjährung für die Rückforderungsansprüche des Versorgungsträgers. In der Beratung und Vertretung ist festzustellen, dass vielen Beamt*innen die Möglichkeit eines Rentenbezugs erst bewusst wird, wenn Anhörungsschreiben über eine mögliche Rückforderung im Briefkasten liegen. Dabei verlangt die Rechtsprechung von Beamtinnen und Beamten, den Festsetzungsbescheid auf seine Richtigkeit hin zu überprüfen. Die Anforderungen an die Überprüfung steigen mit dem jeweiligen Statusamt an, wobei auch schon Beamt*innen des mittleren Dienstes eine erhebliche Kenntnis des Versorgungsrechts von der Rechtsprechung unterstellt wird. Fehlen im Festsetzungsbescheid Berechnungen zu einem möglichen Ruhen wegen des Bezugs einer Altersrente beziehungsweise eines Rentenanspruchs, besteht eine entsprechende Hinweispflicht der Beamt*innen, die sich direkt aus der beamtenrechtlichen Treuepflicht ableitet. Unterbleibt dies, können sich Versorgungsempfänger*innen regelmäßig nicht auf den sogenannten Wegfall der Bereicherung berufen. Gleiches gilt zum Beispiel auch dann, wenn ein familiengerichtlich festgestellter Versorgungsausgleich nicht vorgenommen wurde – auch hier können Rückforderungsansprüche des Dienstherrn entstehen. Insgesamt ist festzustellen, dass die Verwaltungsgerichte auch im Bereich der Billigkeitsentscheidung eine Verschärfung ihrer Rechtsprechung zulasten der Beamt*innen vornehmen. Mit der Billigkeitsentscheidung soll eine den Umständen des Einzelfalls gerecht werdende Lösung im Fall von Rückforderungsansprüchen des Versorgungsträgers gefunden werden. Dies kann die Gewährung einer Ratenzahlung sein. Liegt der Fehler, der zur Überzahlung geführt hat, im überwiegenden Verantwortungsbereich der Versorgungsbehörde, kann ein teilweises Absehen von der Rückforderung (regelmäßig 30 Prozent des Rückforderungsbetrags) geboten sein. Sind naheliegende Prüfungen des Festsetzungsbescheids durch die Versorgungsempfängerinnen beziehungsweise -empfänger unterblieben, nehmen die Verwaltungsgerichte einen überwiegenden Verursachungsbeitrag der Versorgungsbehörden jedoch teilweise nicht mehr an, sodass ein teilweises Absehen von der Rückforderung nicht geboten ist.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass Beamtinnen und Beamten zu Beginn ihres Ruhestands ausreichend Zeit darauf verwenden sollten, den Festsetzungsbescheid über die Versorgung inhaltlich zu prüfen und mit der eigenen (Erwerbs-) Biographie abzugleichen. Bestehen Unsicherheiten, sollte rechtskundiger Rat eingeholt werden, um langwierige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Es sollte vorsorglich immer auch ein Antrag auf Rentengewährung beim Rentenversicherungsträger gestellt werden.
 

Nils Greve/Dr. Ralph Heiermann

1 Die Autoren beziehen sich auf das Niedersächsische Beamtenversorgungsgesetz (NBeamtVG). Die hier beschriebene Problematik stellt sich jedoch für alle Versorgungsempfänger*innen gleichermaßen. Die nachstehenden Ausführungen sollen nur einen Überblick geben und können eine Rechtsberatung nicht ersetzen.
2 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. März 2009 – 2 BvR 1003/08 –, NVwZ-RR 2010, 118.
3 Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 2016 – 2 C 9/15 –, NVwZ 2017, 576.
4 Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 2016 – 2 C 9/15 –, NVwZ 2017, 576