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Korrekte Berechnung der Arbeitszeit der pädagogischen und therapeutischen Fachkräfte

Achtung! Das nachfolgende Problem besteht nur, wenn der Erlass „Beschäftigung von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an öffentlichen Schulen“ v. 01.07.2019 (SVB l. S. 344) auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Dies ist nicht bei sog. „Altverträgen“ der Fall. In diesen Fällen wird die Arbeitszeit anders berechnet. Beschäftigte, deren Einstellung zeitlich vor dem Erlass liegt, schauen bitte in ihren Arbeitsvertrag, nach welcher Rechtslage sich die Arbeitszeit berechnet.

Pädagogische Fachkräfte (Erzieher*innen, HEPs), Schulsozialarbeiter*innen, Therapeut*innen sowie teilweise pädagogische Mitarbeiter*innen in Grundschulen (das sogenannte „nicht lehrende Schulpersonal“) haben tarifvertraglich einen Urlaubsanspruch von sechs Wochen. Es besteht somit aufgrund der Schulferienzeiten von etwa zwölfeinhalb Wochen ein den Urlaubsanspruch übersteigender Ferienüberhang.

Dieser wird dadurch ausgeglichen, dass während der Schulzeiten zusätzliche Arbeitszeit geleistet werden muss. Gemäß Ziffer 2.1 des Erlasses: „Beschäftigung von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an öffentlichen Schulen“ vom 01. Juli 2019 werden diese für die unmittelbare Arbeit mit Schüler*innen (Präsenzzeit in Schule) und sonstige Tätigkeiten eingesetzt. Letztere Tätigkeiten werden laut Ziffer 6.1 des Erlasses wie folgt gewertet:

 

Bei den pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit einer arbeitsvertraglich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 5 Stunden wird für sog. weitere Tätigkeiten ein Fünftel ihrer wöchentlichen Arbeitszeit angerechnet, wenn sie überwiegend außerunterrichtliche Angebote durchführen oder überwiegend unterrichtsbegleitend zur Unterstützung von Schülerinnen und Schülern […] eingesetzt werden.

 

Es bestehen zwischen Arbeitgeber und den Arbeitnehmer*innen unterschiedliche Auffassungen bezüglich der Berechnung der Arbeitszeit für „weitere Tätigkeiten“ gemäß Nr. 6.1 des Erlasses. Nach dieser Bestimmung sind für weitere Tätigkeiten, also Arbeiten nicht unmittelbar mit Schüler*innen pauschal 20 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit anzurechnen. Der Arbeitgeber vertritt die Auffassung, dass sich daraus eine wöchentliche Präsenzzeit während der Unterrichtszeiten nicht von der individuellen Arbeitszeit (Einberechnung der Ferienzeit) berechnet, sondern von der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit – was natürlich weniger ist. Denn 20 Prozent von der individuellen Arbeitszeit sind mehr als 20 Prozent ohne Einberechnung der Ferienzeit. Durch die unterschiedlichen Auffassungen in der Berechnung kommt es zu einer höheren Präsenzzeit in der Schule. Diese Frage muss geklärt werden. Eine Klage mit Unterstützung der GEW läuft.

Dieses Beispiel macht es konkret: Eine pädagogische Fachkraft hat an einer Förderschule für geistige Entwicklung eine wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden, unter Anwendung der Formel, die die Ferienzeit berücksichtigt, ergibt sich eine Arbeitszeit von 43,8 Stunden. Das Land berechnet den Umfang der „weiteren Tätigkeiten“ auf Basis der 38,5 Stunden und kommt zu dem Ergebnis, dass die Mitarbeiterin 36,1 Stunden in der Woche an Schule tätig sein muss. Nach Auffassung der GEW muss aber jedoch die tatsächlich verlangte Zeit – also 43,8 Stunden – als Basis genommen werden, so dass eine Präsenzzeit von 35 Stunden pro Woche und 1,1 zusätzliche Stunden für „weitere Tätigkeiten“ gegeben sind. Die seitens des Landes berechnete Präsenzzeit von 36,1 Stunden ist also um 1,1 Stunden zu hoch, so dass Überstunden entstehen, die abzugelten sind.

Wir stellen Euch ein Musterschreiben zu Verfügung, womit Ihr die korrekte Berechnung Eurer Präsenzzeiten und einen Freizeitausgleich gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen könnt. Hierbei ist zu beachten, dass Eure Ansprüche aufgrund der tarifvertraglichen Ausschlussfrist nur rückwirkend für sechs Monate und im Übrigen für die Zukunft geltend gemacht werden können.

Wenn Ihr Fragen zum Ausfüllen des Musterschreibens oder eine Ablehnung Eures Antrages erhalten habt, wendet Euch gerne an die Rechtsstelle der GEW.

 

Hinweis: Die wöchentliche Präsenzzeit unter Einberechnung der Ferienzeiten ist i.d.R. im Arbeitsvertrag festgelegt, sodass lediglich ein Blick in den Arbeitsvertrag und folgende Berechnung notwendig ist:

Beispiel

Die im Arbeitsvertrag festgelegte wöchentliche Präsenzzeit beträgt 45,246 Stunden.

Von dieser wöchentlichen Präsenzzeit werden 20 % (20 % von 45,246 Stunden = 9,049 Stunden) für weitere Tätigkeiten abgezogen (45,246 Stunden – 9,049 Stunden = 36,197 Stunden), sodass sich eine wöchentliche Präsenzzeit von 36,197 Stunden ergibt.

 

Sollte die wöchentliche Präsenzzeit unter Einberechnung der Ferienzeiten nicht arbeitsvertraglich geregelt sein, folgt bitte der Beispielberechnung in der angefügten Datei.

 


 

Musterschreiben

 

[Adresse]

 

 

An das

Regionale Landesamt für Schule und Bildung xx

[Adresse]

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

gemäß dem Erlass „Beschäftigung von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an öffentlichen Schulen“ v. 01.07.2019 (SVB l. S. 344) wird pädagogischen und therapeutischen Fachkräfte für sog. weitere Tätigkeiten ein Fünftel, also 20 % ihrer wöchentlichen Arbeitszeit angerechnet, wenn sie überwiegend außerunterrechtliche Angebote durchführen oder überwiegend unterrichtsbegleitend zur Unterstützung von Schüler*innen eingesetzt werden.

Dies ist bei mir der Fall.

Von der individuellen wöchentlichen Arbeitszeit unter Berücksichtigung der Ferienzeiten von xxxx Stunden (vgl. Arbeitsvertrag) sind mithin 20 %, das sind xxx Stunden, abzuziehen. Es ergibt sich eine wöchentliche Präsenzzeit von xxxx Stunden.

Danach verlange ich,

  1. meine wöchentliche Präsenzzeiten auf xxxx Stunden zu reduzieren und
  2. rückwirkend für die letzten sechs Monate und für die Zukunft die zu viel geleisteten Stunden als Freizeitausgleich, hilfsweise als finanziellen Ausgleich, zu gewähren.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Berechnungsbeispiele

Berechnungsformel für Berechnung der individuellen Arbeitszeit:

Arbeitsvertragliche Arbeitszeit x (Arbeitstage/Jahr – Urlaub – Zusatzurlaub – ggf. festgelegte Arbeitstage in den Ferien)

                                          190 Schultage (bei einer 5-Tage-Woche)

 

1. regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit Vollzeit: 39,8 Stunden

Grunddaten

wöchentliche Arbeitszeit laut Arbeitsvertrag 39,8 Stunden

Urlaubsanspruch nach TV-L: 30 Tage

Präsenzstage in den Ferien: 5 Tage

Arbeitstage/Jahr: In der Regel ist bei einer 5-Tage-Woche bei der Berechnung von 251 Arbeitstagen pro Jahr auszugehen.

 

Arbeitszeit + Einberechnung der Schulferien:

39,8 Stunden x (251 Arbeitstage – 30 Urlaubstage – 5 Präsenztag)

                                          190 Schultage

ergibt eine wöchentliche Präsenzzeit von = 45,246 Stunden.

Von dieser wöchentlichen Präsenzzeit werden 20 % (20 % von 45,246 Stunden = 9,049 Stunden) für weitere Tätigkeiten abgezogen (45,246 Stunden – 9,049 Stunden = 36,197 Stunden), sodass sich eine wöchentliche Präsenzzeit von 36,197 Stunden ergibt.

Der Antrag lautet wie folgt:

„…..

Von der individuellen wöchentlichen Arbeitszeit unter Berücksichtigung der Ferienzeiten von 45,246 Stunden (vgl. Arbeitsvertrag) sind mithin 20 %, das sind 9,049 Stunden, abzuziehen. Es ergibt sich eine wöchentliche Präsenzzeit von 36,197 Stunden.

Danach verlange ich,

  1. meine wöchentliche Präsenzzeiten auf 36,197 Stunden zu reduzieren und
  2. rückwirkend für die letzten sechs Monate und für die Zukunft die zu viel geleisteten Stunden als Freizeitausgleich, hilfsweise als finanziellen Ausgleich, zu gewähren.“

 

2. regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit Teilzeit: 20 Stunden bei einer 3-Tage-Woche

Grunddaten: wöchentliche Arbeitszeit laut Arbeitsvertrag 20 Stunden

Urlaubsanspruch nach TV-L: 18 Tage

Arbeitstage/Jahr bei einer 3-Tage-Woche: 150,6 Tage

 

Arbeitszeit + Einberechnung der Schulferien:

20 Stunden x (150,6 Arbeitstage – 18 Urlaubstage)

                                          114 Schultage

ergibt eine wöchentliche Präsenzzeit von = 23,263 Stunden

Von dieser wöchentlichen Präsenzzeit werden 20 % (20 % von 23,263 Stunden = 4,652 Stunden) für weitere Tätigkeiten abgezogen (23,263 Stunden – 4,652 Stunden = 18,611 Stunden), sodass sich eine wöchentliche Präsenzzeit von 18,611 Stunden ergibt.

Der Antrag lautet wie folgt:

„…..

Von der individuellen wöchentlichen Arbeitszeit unter Berücksichtigung der Ferienzeiten von 23,263 Stunden (vgl. Arbeitsvertrag) sind mithin 20 %, das sind 4,652 Stunden, abzuziehen. Es ergibt sich eine wöchentliche Präsenzzeit von 18,611 Stunden.

Danach verlange ich,

  1. meine wöchentliche Präsenzzeiten 18,611 Stunden zu reduzieren und
  2. rückwirkend für die letzten sechs Monate und für die Zukunft die zu viel geleisteten Stunden als Freizeitausgleich, hilfsweise als finanziellen Ausgleich, zu gewähren.“

 

3. regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit Vollzeit an Schulen für schwerbehinderte Schüler*innen: 38,5 Stunden bei einer 5-Tage-Woche

Grunddaten: wöchentliche Arbeitszeit laut Arbeitsvertrag 38,5 Stunden

Urlaubsanspruch nach TV-L: 30 Tage

Präsenzstage in den Ferien: 5 Tage

Arbeitstage/Jahr: In der Regel ist bei der Berechnung von 251 Arbeitstagen pro Jahr auszugehen.

 

Arbeitszeit + Einberechnung der Schulferien:

38,5 Stunden x (251 Arbeitstage – 30 Urlaubstage – 5 Präsenztag)

                                          190 Schultage

ergibt eine wöchentliche Präsenzzeit von = 43, 77 Stunden

Von dieser wöchentlichen Präsenzzeit werden 20 % (20 % von 43,770 Stunden = 8,754 Stunden) für weitere Tätigkeiten abgezogen (43,770 Stunden – 8,754 Stunden = 35,016 Stunden), sodass sich eine wöchentliche Präsenzzeit von 35,016 Stunden ergibt.

Der Antrag lautet wie folgt:

„…..

Von der individuellen wöchentlichen Arbeitszeit unter Berücksichtigung der Ferienzeiten von 43,770 Stunden (vgl. Arbeitsvertrag) sind mithin 20 %, das sind 8,754 Stunden, abzuziehen. Es ergibt sich eine wöchentliche Präsenzzeit von 35,016 Stunden.

Danach verlange ich,

  1. meine wöchentliche Präsenzzeiten auf 35,016 Stunden zu reduzieren und
  2. rückwirkend für die letzten sechs Monate und für die Zukunft, die zu viel geleisteten Stunden als Freizeitausgleich, hilfsweise als finanziellen Ausgleich, zu gewähren.“