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Freude über GEW-Erfolg: Oberverwaltungsgericht kippt Mehrarbeit für Gymnasiallehrer

Land muss zusätzliche Stellen an Gymnasien finanzieren

„Dieses Urteil ist ein großer Erfolg für die GEW und gleichzeitig ein Arbeitsauftrag für uns", sagte Eberhard Brandt, Vorsitzender der niedersächsischen Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat am 9. Juni 2015 den Klagen von neun Lehrkräften, die von der GEW und dem Philologenverband unterstützt wurden, in weiten Teilen stattgegeben: die Erhöhung der Regelstundenzahl für Gymnasiallehrkräfte von 23,5 auf 24,5 war rechtswidrig.

„Jetzt ist die Landesregierung in der Pflicht, die richtigen Konsequenzen aus dem Urteil zu ziehen: Die Gymnasien brauchen zusätzliche Stellen, um die Lücke in der Unterrichtsversorgung zu schließen. Gleichzeitig brauchen wir unverzüglich eine politische Verständigung über die Ermäßigung der Unterrichtsstunden für ältere Kolleginnen und Kollegen", erklärte Eberhard Brandt nach der Urteilsverkündung. Bei dieser Frage ist das OVG der Argumentation nicht gefolgt und hat die Rücknahme der Altersermäßigung nicht beanstandet.

Die Landesregierung und der Landtag müssen der Kultusministerin die Finanzen für die zusätz- lich benötigten Lehrkräfte zur Verfügung stellen, die zum 1.8.2015 eingestellt werden müssen. Zu diesem Datum müssten die Unterrichtsverpflichtung an Gymnasien umgesetzt und die zu viel geleisteten Stunden ausgeglichen werden.
Das Urteil fördere den Rechtsfrieden und weise eine Lösung für die Beendigung der Auseinan- dersetzung zwischen Lehrkräften und der Landesregierung.

Unterrichtsverpflichtung an allen Schulformen absenken
Aus der mündlichen Urteilsbegründung ergibt sich nach Auffassung des GEW-Landesvorsitzen- den, dass auch die Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte an anderen Schulformen abgesenkt werden muss. Die Arbeitszeitstudie der GEW werde wichtige Hinweise geben, die die Landes- regierung nach diesem Urteil nicht ignorieren können wird.

Generelle Bedeutung des Urteils
Das Urteil habe über den zur Entscheidung anstehenden Fall hinaus eine generelle Bedeutung für die rechtliche Betrachtung der Arbeitszeit von Lehrkräften, bemerkt der GEW-Landesvor- sitzende.
Das Gericht wende sich nämlich von der traditionellen juristischen Betrachtungsweise ab, wonach dem Land als Verordnungsgeber ein weiter, nahezu grenzenloser Gestaltungsraum bei der Festlegung der Unterrichtsverpflichtung zusteht. Das OVG wendet Kriterien aus neueren

Urteilen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zur Besoldung von Richtern und Hochschullehrern auf die Festlegung der Arbeitszeit von Lehrkräften an, wonach es die Fürsorgepflicht nach Art. 35 Abs. 5 Grundgesetz gebietet, dass beamtenrechtliche Ent- scheidungen prozedural abgesichert werden müssen. Die Regelungen des Verordnungsgebers dürften nicht willkürlich sein und müssten nach pflichtgemäßem Ermessen erfolgen.

In diesem Zusammenhang verwies das Gericht darauf, dass das Land keine verlässlichen Daten über die Arbeitszeit der Lehrkräfte gewonnen hat, bevor es die Verordnung erließ. Das Gericht erklärte, Arbeitszeitermittlungen von Lehrkräften, die auf Selbstaufzeichnung beruhten, seien ein durchaus geeignetes Instrument. Bei Richtern gäbe es ein vergleichbares Arbeitszeitermitt- lungssystem. Diese Argumentation des OVG bekräftigt den Sinn der Arbeitszeitstudie der GEW.

Rechtsanwalt Dr. Heiermann betont: „Mit diesem Urteil wird die Arbeitszeit der Lehrkräfte dem Gutdünken des Regierungshandelns entzogen. Darin liegt die grundsätzliche Bedeutung des Urteils vom 9. Juni auch für andere Gruppen von Lehrkräften."