Ein Jahr Corona und nun …?
Arbeitsgruppe zum „Arbeits- und Gesundheitsschutz“: Ein Brief an die Leser*innen.
Die AG „Arbeits- und Gesundheitsschutz“ des Landesverbandes befasst sich seit Ausbruch der Pandemie intensiv mit den Auswirkungen auf die Beschäftigten. Dabei hat sie den GEW-Gremien immer wieder beratend zur Seite gestanden und für eigene Impulse gesorgt. Nun blickt die AG erstmals ausführlich zurück.
Liebes GEW-Mitglied,
seit mittlerweile über einem Jahr beschäftigt nun das Thema Corona die Gesellschaft und speziell uns, die im Schulbereich Tätigen. In der GEW Niedersachsen gibt es eine Arbeitsgruppe der Gesundheitsschutz-Expert*innen der verschiedenen Personalräte (Schulhauptpersonalrat und Schulbezirkspersonalräte), die sich speziell mit dem Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz („AuG“) auseinandersetzt. Du wirst dich sicherlich fragen, wenn es eine solche Gruppe gibt, wieso meldet sie sich eigentlich erst jetzt hier zu Wort? Und die Frage ist berechtigt. Du wirst dich wahrscheinlich auch über die für diesen Artikel gewählte Form wundern. Die Mitglieder der AG dachten, dass es am besten sei, zunächst zu erklären, warum dieser Zeitpunkt gewählt wurde, um sich gezielt persönlich an dich zu wenden. Danach soll aufgezeigt werden, wofür sich die Arbeitsgruppe im vergangenen Jahr stark gemacht hat und auch weiter einsetzen wird. Denn gearbeitet hat die Arbeitsgruppe – und ehrlich gesagt, so viel wie noch nie zuvor! Seit Beginn der Corona-Krise und dem ersten Lockdown trifft sich die AG in einem engen, regelmäßigen Turnus zu Videokonferenzen, um sich zu beraten und Stellung zu den unterschiedlichen Ideen, Erlassen und Verordnungen aus dem Kultusministerium zu nehmen. Die AG „AuG“ soll auf diese Weise den Geschäftsführenden Vorstand und die GEW-Fraktionen in den Personalräten (SHPR und SBPRe) unterstützen. Daher fand dieser Prozess nicht öffentlich statt. Fast wöchentlich wurden neue Erlasse durch das Kultusministerium veröffentlicht und Vorgaben änderten sich ständig. Die Wissenschaft förderte immer wieder neue Erkenntnisse zu Tage, auf welche die Politik zu reagieren versuchte. Doch nicht nur der Wissensstand erweiterte und veränderte sich, das Virus tat das auch. So werden wir alle mit neuen Virusmutationen vor ganz neue Herausforderungen gestellt. Wie kann man bei dieser sich zum Teil so schnell ändernden Informationslage etwas Aktuelles für die GEW-Öffentlichkeit schreiben, das zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, der meist ein paar Wochen nach dem Fertigstellen des Textes liegt, noch Aktualität besitzt? Da den „richtigen“ Zeitpunkt zu finden ist schwierig. Doch die AG „AuG“ wagt sich nun vor… Es hat gewirkt! Die GEW-interne Arbeit hat gewirkt. Nach monatelangem Einwirken auf die Politik hat das Kultusministerium am 11. Februar seine „10-Punkte-Agenda: Bildung, Betreuung und Zukunftschancen in der Pandemie sichern" vorgelegt. Lange forderte die AG „AuG“ Perspektiven und Planbarkeit für die Schulen, die über den Zeitraum von jeweils zwei Wochen hinausgehen. Ebenso wie einen effizienten Infektionsschutz und eine Teststrategie hält die AG eine Impfstrategie für alle in Bildungseinrichtungen Beschäftigten für zwingend notwendig. Schulen müssen für alle Beschäftigten und Schüler*innen ein sicherer Lernort sein. Endlich sind die Politik und das Kultusministerium diesen Forderungen nachgekommen und schaffen entsprechende Regelungen. Dies ist ein echter Erfolg der GEW! Doch damit sind noch nicht alle Forderungen erfüllt – im Gegenteil, die Agenda warf neue Fragen nach Personal und Ressourcen auf. Auf der Sitzung des Landesvorstandes der GEW Niedersachsen am 18. Februar wurden nun die Forderungen der Arbeitsgruppe vorgestellt. Die einzelnen Landesfachgruppen hatten diese zuvor mit eigenen Statements und schulformspezifischen Forderungen ergänzt. Die GEW hat sich auf dieser Sitzung den Auftrag erteilt, an diesen Forderungen weiterzuarbeiten und sie zu aktualisieren. Doch worum geht es im Kern bei den Forderungen, welche die landesweite AG „AuG“ entwickelt hat? Häufig wird in der Diskussion um Schulöffnungen der Gesundheitsschutz der Beschäftigten in den Schulen gegen die Bildungsgerechtigkeit für Schüler*innen ausgespielt. Doch nur ein umfassender und guter Gesundheitsschutz wird allen in Schule gerecht und ermöglicht und sichert Bildungschancen für die Schüler*innen. Der Gesundheitsschutz aller in der Schule Beschäftigten und der Schüler*innen sowie deren Familien muss höchste Priorität haben.
Strategien erforderlich
Es sind alle technischen und organisatorischen Maßnahmen durch das Niedersächsische Kultusministerium, die Regionalen Landesämter für Schule und Bildung, die Kommunen als Schulträger sowie an vorderster Stelle durch die Politik zu ergreifen, um die Personen umfassend zu schützen, die sich in Schulen aufhalten. Dies schließt – dort wo es notwendig ist – auch das Aufstellen von Luftreinigungsgeräten ein. Die Arbeitsplätze aller Schulbeschäftigten sind mittels Gefährdungsbeurteilungen zu überprüfen und gesundheitsgefährdende Mängel unverzüglich abzustellen. Der Rahmenhygieneplan des MK setzt die gesetzlich vorgeschriebene Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen nicht aus! Außerdem sind die Vorgaben der Corona-Arbeitsschutzverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales einzuhalten. Das Land Niedersachsen braucht eine systematische Teststrategie. Selbst- und Schnelltests können dabei ein Baustein sein, aber es sind wissenschaftliche Erkenntnisse bezüglich der Testmethodik einzubeziehen und zum Beispiel Pooltests und Langzeitbeobachtungen einzelner Personen notwendig, um das Infektionsgeschehen realistisch einschätzen zu können. Genauso wird eine Impfstrategie benötigt, die nicht nach Schulformen unterscheidet. Wenn Lehrkräfte und in Schule Beschäftigte beim Impfen „vorgezogen“ werden sollen, so darf diese politische Entscheidung nicht dazu führen, dass ein Teil der derzeit im Wechselunterricht und somit direkt mit den Schüler*innen Arbeitenden geimpft wird und ein anderer Teil (Sekundarstufe I und II) nicht. Auch ist noch nicht klar, wie die „Kompensationen“, die den Schüler*innen angeboten werden sollen, umgesetzt werden. Es darf keine Mehrbelastung für Kolleg*innen durch die 10-Punkte-Agenda des Ministeriums entstehen. Die Schulbeschäftigten sind bereits jetzt am Limit und haben sich die Ferien am Ende dieses Schuljahres redlich verdient! All diese Maßnahmen werden Geld kosten. Geld, das durch das Land Niedersachsen bereitgestellt werden muss. Genauso wie gute Bildung ist ein guter Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht kostenlos! Ob diese Forderungen umgesetzt werden, hängt unter anderem auch davon ab, wie wir als GEW diese in die Öffentlichkeit und an die Politik bringen. Es geht um deinen Gesundheitsschutz und für den lohnt es sich einzusetzen! Bleib gesund… und denke immer daran, nur mit einer solidarischen Haltung kommen wir gemeinsam durch diese pandemische Krise.
Sebastian Freudenberger für die landesweite AG „AuG“