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Recht

Amtsangemessenheit der Alimentation weiterhin zu beanstanden

Widerspruch bis zum 31. Dezember 2024 einlegen

Wir hatten in der Vergangenheit regelmäßig dazu aufgerufen, Widerspruch gegen die Höhe der Besoldung/Versorgung einzulegen. Das Land Niedersachsen hatte die Verfahren bis zum Jahr 2022  ruhend gestellt, weil eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Amtsangemessenheit der Besoldung in Niedersachsen noch aussteht.

Ende September 2023 wies das Niedersächsische Landesamt für Bezüge und Versorgung (NLBV) auf den Bezügeabrechnungen und seiner Website darauf hin, dass die Dauerwirkung der Ruhendstellung von Widersprüchen zur amtsangemessenen Alimentation zukünftig nicht mehr gegeben ist. Das bedeutet, dass derzeit in jedem Kalenderjahr beim NLBV ein schriftlicher Widerspruch gegen die nicht amtsangemessene Besoldung/Versorgung zu stellen ist.

Hintergrund dieser Maßnahme ist, dass das Land Niedersachsen im Jahr 2023 das Besoldungsgesetz geändert hat und nunmehr der Auffassung ist, eine amtsangemessene Alimentation geschaffen zu haben. Die GEW Niedersachsen teilt diese Einschätzung nicht! Zwar wurde ein Minimum z. B. dadurch erfüllt, dass der Abstand der unteren Besoldungsgruppen zur Grundsicherung erhöht wurde. Weitere Komponenten der Besoldung, wie der notwendige Abstand zwischen den einzelnen Besoldungsgruppen und der neu eingeführte Familienergänzungszuschlag, dürften jedoch nicht rechtmäßig sein. Nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2020 ist ein Familienergänzungszuschlag, dessen Gewährung vom Einkommen des Ehegatten, Lebenspartners oder Unterhaltspflichtigen abhängt, nicht mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vereinbar. 

Eine weitere Entscheidung zur amtsangemessenen Besoldung ist am 17.10.2024  vom Verwaltungsgericht Hamburg ergangen (Az. 21 B 148/24, 21 B 149/24 und 21 B 150/24). Das Verwaltungsgericht urteilte für die hamburgische Besoldung, die mit der niedersächsischen Besoldung vergleichbar ist:  

„Die Besoldung in diesen Besoldungsgruppen blieb trotz der Änderungen hinter dem Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau zurück. Dies gilt auch für den Kläger des Verfahrens 21 B 149/24, obwohl ihm der neu eingeführte Besoldungsergänzungszuschuss gewährt wurde. Bei diesem und einem weiteren Kläger (21 B 148/24) kommt ein Verstoß gegen das Abstandsgebot hinzu. Das Abstandsgebot untersagt es dem Gesetzgeber, den Abstand zwischen verschiedenen Besoldungsgruppen einzuebnen oder erheblich zu vermindern. Gegen dieses Verbot wird verstoßen, weil die Kläger mit ihren Familienkonstellationen in niedrigeren Besoldungsgruppen einen Besoldungsergänzungszuschuss beziehungsweise einen höheren Besoldungsergänzungszuschuss erhalten hätten.“

Wir hatten allen Beamt*innen im vergangenen Jahr empfohlen, Widerspruch gegen die Höhe ihrer Besoldung/Versorgung einzulegen. Das NLBV hat über diese Widersprüche bislang nicht entschieden. 

Wichtig ist, dass diejenigen, die für dieses Jahr noch eine Nachzahlung ihrer Bezüge geltend machen möchten, bis zum 31.12.2024 schriftlich (nicht per E-Mail!) Widerspruch einlegen müssen, damit die Ansprüche nicht verfristet sind. Der Widerspruch muss bis zum 31.12.2024 beim NLBV eingehen!

 

Ungeachtet dessen suchen wir geeignete potentielle Kläger*innen für Verfahren, die sich gegen die Höhe des Familienergänzungszuschlages richten. Gesetzliche Voraussetzungen für die Gewährung des Familienergänzungszuschlags sind:

Beamt*innen mit mindestens einem Kind, wenn sie Anspruch auf Gewährung eines Familienzuschlags nach § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 NBesG haben, d. h., wenn sie verheiratet sind oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben

und

an sie Familienzuschlag für mindestens ein Kind gezahlt wird

und

sowohl die anspruchsberechtigte Person als auch die*der Ehepartner*in oder die*der eingetragene Lebenspartner*in für dieses Kind bzw. diese Kinder unterhaltspflichtig sind

 und

die*der mitunterhaltspflichtige Ehepartner*in bzw. eingetragene Lebenspartner*in über ein Jahreseinkommen verfügt, das die vom Land festgelegte Hinzuverdienstgrenze nicht überschreitet.

Beamt*innen mit drei oder mehr Kindern, die die ersten drei Voraussetzungen erfüllen und deren Partner*innen ein sehr niedriges Gehalt erhalten, so dass sie einen Familienergänzungszuschlag bekommen, sollten gegen die Höhe des Zuschlages Widerspruch einlegen, weil davon ausgegangen werden kann, dass bei ihnen gegen das Abstandsgebot verstoßen wird. 

Diejenigen Beamt*innen mit drei oder mehr Kindern, die die ersten drei Voraussetzungen erfüllen und deren Partner*innen ein hohes Gehalt erhalten, sollten gegenüber dem NLBV einen Antrag auf Zahlung des Familienergänzungszuschlags stellen, weil auch durch die Nichtgewährung gegen das Abstandsgebot verstoßen wird.

In beiden Konstellationen ist davon auszugehen, dass über den Widerspruch/den Antrag abschlägig entschieden wird. Wir bitten alle betroffenen Kolleg*innen, sich dann möglichst kurzfristig in unserer Landesrechtsstelle unter alimentation(at)gew-nds(dot)de zu melden. Wir werden dann prüfen, ob Rechtsschutz für ein gerichtliches Verfahren gewährt werden kann!

Für Fragen in Bezug auf die amtsangemessene Alimentation steht die Landesrechtsstelle der GEW ihren Mitgliedern telefonisch oder unter rs(at)gew-nds(dot)de zur Verfügung.