Im Rahmen von Beamten- und Tarifrecht sind diese Abordnungen natürlich rechtens – auch wenn der Beamtenbund mit einem Rechtsgutachten die Unzumutbarkeit nachzuweisen versuchte.
Unabhängig von der Sinnhaftigkeit solcher Maßnahmen führt das Kultusministerium als oberste Priorität die zwingend nötige 100 % Unterrichtsversorgung der Grundschulen an. Ausschlaggebend dafür ist aber nicht ein der Grundschule wegen seiner Grundlagenbildung zugebilligter besonders hoher Stellenwert, sondern sind in erster Linie ganz profan die festen Öffnungszeiten der Verlässlichen Grundschule. Verlässliche Öffnungszeiten verlangen neben der 100 %-Versorgung eigentlich aber von vornherein noch eine Vertretungsreserve, die es zu Zeiten des Vorgängermodells „Volle Halbtagsschule“ auch gab. Mit Einführung der flächendeckenden „Verlässlichen Grundschule“ wurde diese durch billigere „Vertretungs- und Betreuungs-PM“ abgelöst - mit oder ohne pädagogische Ausbildung möglich.
Ursache des großen Unterrichtsfehls ist neben der Fehleinschätzung des Kultusministeriums (MK) die zunehmende Unattraktivität des Lehramtes für GS, auf die bereits die GEW und besonders die Fachgruppe Grundschulen und hunderte von Überlastungs- und Beschwerdebriefe hingewiesen haben. Wer will bei gleichlanger Ausbildung und gleichwertiger Arbeit schon gern durch geringere Bezahlung, dafür aber mehr Unterrichtsverpflichtung gering geschätzt werden?
Abgesehen vom Zweifel an der pädagogischen Sinnhaftigkeit der Abordnungsmaßnahmen und der Frage, ob Gymnasiallehrkräfte diese Aufgabe Grundschularbeit überhaupt leisten können: Um die festen Öffnungszeiten zu sichern, sind die Abordnungen willkommen. Da sich die Arbeit an beiden Schulformen aber grundlegend unterscheidet, haben viele Gymnasien „Rahmenbedingungen“ verlangt: z.B. nur die studierten Fächer, nur kleiner Abordnungsumfang, keine Klassenleitung... Die Grundschulen haben viel Verständnis für solche Begehren, zeugen sie doch von den enormen organisatorischen Schwierigkeiten für beide Seiten und von dem großen Respekt der Gymnasialkolleg*innen vor der Grundschularbeit insgesamt.
Dennoch müssen Prämissen erfüllt sein, damit die Abordnungen, die uns länger als nur in diesem Schuljahr beschäftigen werden, überhaupt hilfreich sind und mit ihnen nicht nur eine statistische Versorgung erfüllt ist:
1. Die Abordnungen müssen sich inhaltlich am Bedarf der Grundschule orientieren.
2. Die Kontinuität muss gewährleistet sein. Keine Abordnungen für ein halbes Jahr, auch wegen der Beteiligung der Schulbezirkspersonalräte (SBPR).
3. Die Abordnungen sollten möglichst freiwillig sein. Unmotivierte Kolleg*innen sind wenig hilfreich und das haben die Kinder nicht verdient.
4. Verstärkte Zusammenarbeit mit Parallel- oder Fachkolleg*in aus der Grundschule ist nötig, dafür muss es Anrechnungsstunden für die Coachingpartnerin geben bzw. für beide.
Kann man dem Ganzen auch etwas Positives abgewinnen? Ja! Zum Thema „Übergänge“ kann es zu neuen Kooperationen kommen. Durch Kennenlernen der Kolleg*innen und Schulform ist eine andere Sichtweise auf die jeweils andere Schulform möglich. Damit haben schon etliche Kolleg*innen begonnen und sind bereit, zum einen in der Grundschule auszuhelfen, zum anderen die abgeordneten Lehrkräfte bei der für sie sehr ungewohnten und auch schwierigen Arbeit zu unterstützen.
Dafür sei allen Beteiligten an dieser Stelle sehr gedankt.
Zuletzt noch ein wichtiger Nebeneffekt: Durch die vielen Presseanfragen zum Thema - auch immer mit der Frage, warum Grundschularbeit so unattraktiv geworden ist, - sind unsere zentralen Forderungen nach A13Z/E13 und Absenkung der Unterrichtsverpflichtung gut in die allgemeine Presse gespült worden.
Monika de Graaff
Geschäftsführender Ausschuss der Fachgruppe Grundschulen